Schumpeter und die Negativzins-Ökonomie
Seit etwa 2 Wochen studiere ich Joseph Alois Schumpeters
„Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“.
Es mehren sich die Anzeichen, dass 1942 auch Schumpeter (1883-1950),
der ja in der Zeit Silvio Gesells (1862-1930) lebte,
von der Bedeutung der Negativzins-Ökonomie[+], ihrer Mechanismen und Wirkung auf die Realwirtschaft wusste.
Mehr noch: anscheinend war sich Schumpeter[+] auch des Zusammenhangs mit dem Christentum
und mit den Geboten des „Ökonomen Jesus[+]“ voll bewusst.
Ich habe dazu eine Textpassage gefunden, die das Wissen Schumpeters zu den Mechanismen einer Negativzins-Ökonomie[+] andeutet. Das Zitat entstammt dem Kapitel über die „schöpferische Zerstörung“ und geht dem Kapitel über „monopolistische Praktiken“ vorweg. Ich ordne der Textstelle eine in das nächste Kapitel überleitende Funktion zu.
In der 4. Auflage des Buches heißt es auf Seite 140 am Ende des Kapitels:
In Matthäus 13 (die „Seepredigt”) heißt es im Abschnitt „Von Senfkorn und Sauerteig“:
- Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Himmelreich[+] gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte;
- das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen[+] ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen.
- Ein anderes Gleichnis sagte er ihnen: Das Himmelreich[+] gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war.
Die Folgen dieser Ökonomie[+] sind klar von den Folgen einer kapitalistischen Ökonomie[+] zu unterscheiden: Im Kapitalismus[+] wird die Knappheit und der Konkurrenz- und Innovationsdruck durch das akkumulierte Kapital in der Nähe des Monopols künstlich mitverursacht. Die Form der Konkurrenz des Kapitalismus[+] ist also eine monopolistische, die Evolution[+] verläuft beschleunigt. Nicht selten stellt sich die Praxis der Gestaltung dieser monopolistische Konkurrenz[+] in der Gewährung oder Nichtgewährung von Marktzugängen für Unternehmen dar. Das Kapital bestimmt, welches Unternehmen leben darf und welches nicht. Das Kapital bestimmt auch die Umweltbedingungen der Unternehmen über die Verknappung der Liquidität im ganzen System, über Marktzugänge und über den Einfluss auf die Politik.
Werden die Zinsen[+] negativ, dann liegt das Monopol außerhalb des Geldsystems (es gibt dann nur das Eine, den einen Pol). Der Innovationsdruck wird dann durch die Umwelt erzeugt in die der Währungsraums eingebettet ist. Die Unternehmen werden durch das Kapital finanziert, die Liquidität fließt als negativer Kreditzins in die Wirtschaft hinein, jedoch müssen alle Unternehmen weiterhin gegeneinander konkurrieren. Die Konkurrenz ist nicht mehr monopolistisch im kapitalistischen Sinne, sondern total, vollkommen.
Unmittelbar anschließend an das vorherige Zitat schreibt Schumpeter[+] deswegen weiter:
Fazit
Dass ein Schüler der Österreichischen Schule der Nationalökonomie das Lebenswerk Silvio Gesells kennt, ist mit Sicherheit anzunehmen. 1933 bis 1945 ist „das Kind in den Brunnen gefallen“, doch schon während des Krieges begannen die Ökonomen und Soziologen an der Zukunft zu arbeiten, vor der wir jetzt unmittelbar stehen.
Es wird wahrscheinlich eine ganze Weile dauern, bis die Soziologen die gesamte Literatur nach Silvio Gesell[+] auf das Vorhandensein von Hinweisen über das Wissen der Mechanismen einer Negativzins-Ökonomie[+] neu überprüft haben. Jedenfalls kann nicht mehr gesagt werden, sie „hätten es nicht gewusst“, „es hätte keine Alternative gegeben“ oder „es gäbe keine Theorie“, „die Gesellschaftsordnung wäre nicht ausgearbeitet“, man „wüsste nicht auf welchen Weg man sich begibt“.
Von Luhmann[+] kann wenigstens ich mit Sicherheit sagen, dass er mit seinen Sozialen Systemen den Sozialismus[+] meinte, den Schumpeter[+] bei der Verwendung des Begriffs des Sauerteigs im Sinn hatte, und den Jesus[+] als das „Himmelreich“ bezeichnete.
Die Grundbedingung des „Himmelreichs“ nannte Luhmann[+]
doppelte Kontingenz[+], was frei übersetzt vielleicht mit
„was alles kann und nicht muss“
umschrieben werden kann.
Die obere Grafik zeigt eine Skizze, die die Konkurrenz und die Kooperation in der Ökonomie[+] bezeichnet. Schumpeter[+] redet jedoch von Kooperation und Konkurrenz in der Wirtschaft. Ich unterscheide Ökonomie[+] und Wirtschaft.
In der Negativzins-Ökonomie[+] kooperiert die Realwirtschaft in ihrer Funktion, die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes zu ersetzen, die vorher bei den Banken[+] lag. Das Geld wird in einem Prozess, in der Realwirtschaft, gespeichert, und die Aufgabe der Realwirtschaft und der Zweck[+] ihrer Kooperation besteht darin, zirkuläre und somit lokalisierte, resonante Geld- und Warenkreisläufe zu erzeugen, damit das System nicht „ausblutet“.
Der zukünftige Wohlstand hängt also von der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft mit den benachbarten Währungsräumen, der Umwelt, ab, und genau das erzeugt den Konkurrenzdruck auf alle Unternehmen im Währungsraum unter negativem Zins[+].
Querverweise auf 'Schumpeter und die Negativzins-Ökonomie'
- Aktuelles (Blog)
- Positionen zu Inflation und Zinspolitik und ein Kommentar zur Verstaatlichung von Teilen der Vonovia; Kritik der Prognosen von Gunther Schnabl und Tim Florian Sepp; Fazit und eigene Prognose; Bestätigung der These über den Zusammenhang zwischen Zins- und Inflationsvorzeichen durch MMT Theoretiker Warren Mosler; Vergleich der Antriebswirkungen von Negativzinsen und Inflation; Fisher-Gleichung; Abhängigkeit von Zinsniveau und Inflationsrate; Fazit; Günstig privatisiert, teuer verstaatlicht: Teile der Wohnungen von Vonovia verstaatlicht
- Beantwortung einiger zentraler Fragen; Was passiert denn mit Aktien und Unternehmensbeteiligungen im Negativzinsumfeld?; Unterscheidung nach Zugehörigkeit zu Bereichen der Wirtschaft; Zins als Handlungsfilter und Bedeutung des Mindestreservesatzes für das Vorzeichen der Inflation und den Währungswert; Konjunktur, Konkurrenz, Evolution und Fortschritt unter einer Negativzins-Ökonomie; Bezahle ich für eine Unternehmensbeteiligung Zinsen anstatt Dividende zu erhalten?; Werden die Vermögenden, die sowieso kaum Cash, sondern Sachwerte haben, nicht dadurch noch reicher, weil die Nachfrage nach Sachwerten steigt?; Im Gegensatz dazu leiden die "armen" Sparer mit dem Sparbuch unter den Negativzinsen; Unternehmen im Fluss
- E-Mail an Franziska Schröter zur aktuellen Mitte-Studie; Das kollektive Unbewusste und die disjunkten Kausalnexi positiver und negativer Geldzinsen; Antisemitismus, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien; Sozial-Darwinismus, unwertes Leben und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit; Kommentierung eines Artikels von Thorsten Polleit; Das Sparen und der Zins; Der Urzins ist nicht Zins, sondern Eigennutz!; Angriffe auf die EZB und Lügen zur Wirkung der Negativzinsen; Pseudo-Moral, irreführende Prophezeihungen, fatalistischer Zynismus und Heuchelei; Beleidigungen der Verantwortlichen; Der still tobende Kampf um die Nachfolge von Mario Draghi; Schluss damit! Das unwürdige und gefährliche Bedürfnis nach Fremdbestimmung
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