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13. Juli 2019

Nachträge aus ein paar Konversationen

Man muss es immer wieder erklären, anders geht es nicht ins Bewusstsein über. Die Texte sind aus Facebook nachgetragen.

Warum Banken in der Schieflage sind

Es ist falsch, dass von den Negativzinsen die Großbanken profitieren. Von Negativzinsen profitieren die Schuldner, nicht die Gläubiger. Insgesamt profitieren von Negativzinsen die relativ Ärmeren, in Deutschland ca. 85% der Bevölkerung. Weltweit sind es wahrscheinlich weit über 95% angesichts der Vermögensverteilung. Ich kann das mittlerweile im Detail vorrechnen, glaube aber nicht, dass alle solchen Argumenten zugänglich sind.

Die einfachste Erklärung ist, dass Leihnehmer in der Beziehung immer unvermögender sind als Leihgeber und der (positive) Zins vom Unvermögenderen an den Vermögenderen gezahlt wird. Das ist bei allen Arten von Zinsen der Fall, also Geldzinsen, Mietzinsen[+], Pachtzinsen[+], Lizenzgebühren und Nutzungsgebühren im Allgemeinen. Im Grund genommen ist diese Sache sehr leicht zu verstehen, und ich rätsele, warum Viele der AfD-Gehirnwäsche zu dem Thema anhängen, obwohl diese Sache im Kern zwar gut versteckt, dann aber doch sehr leicht nachvollziehbar ist.

Das Kernprinzip des Kapitalismus[+] ist die Trennung von Eigentum[+] und Besitz[+]. Der Besitzer[+] zahlt (positiven) Zins an den Eigentümer[+], und der Eigentümer[+] ist relativ wohlhabender als der Besitzer[+], sonst gäbe es diese Beziehung logischerweise gar nicht!

Beginn der Bezahlwand

Die Banken[+] haben früher von der Differenz von Spar- und Kreditzinsen, der sog. Zinsspanne[+] gelebt. Richtig ist daher, dass in der Phase der Umstellung auf die Negativzins-Ökonomie[+] alle Banken[+] ein Problem bekommen, weil ihnen das Kerngeschäft abhanden kommt. Sie müssen für die Einlagen ihrer Kunden Gebühren an die Zentralbank[+] zahlen, und das ist fatal für sie, denn für diese Einlagen bekamen sie früher Zins, es waren also Einnahmen, und heute zahlen sie Zins dafür.

Die Banken[+] haben nur eine Möglichkeit[+], sträuben sich jedoch dagegen: Sie müssen ihre herkömmliche Geschäftsgrundlage aufgeben, sich von Gebühren statt von Kredit- und Darlehenszinsen finanzieren, versuchen, das Geld der Sparer wieder loszuwerden und zwar in Form von Krediten mit negativem Zins.

Die Einlagefazilität[+] wird laut Ankündigung der Notenbanken weiter absinken, und dann werden auch die Kreditzinsen irgendwann negativ. Man hat es bis heute noch nicht getan, weil die USA eine "Extrarunde" gedreht haben, die man zunächst abwarten wollte. Man kann aufgrund der Verzahnung der europäischen Wirtschaft mit der amerikanischen nicht eine so große Zinsdifferenz haben, ohne dass es zu massiven Vermögensverlagerungen kommt.

Mit der Ankündigung von Powell zum 31. Juli die Zinsen der FED zu senken, ist nun definitiv das Ende des Kapitalismus[+] und der positiven Zinsen eingeläutet. Niemand, der heute lebt, wird nach dem Absinken der wichtigsten Geldzinsen jemals wieder positive Zinsen in Europa, Japan und den USA erleben. Wir werden evtl. für ein paar Jahrhunderte negative Zinsen haben, denn anders sind die Schäden, die der Kapitalismus[+] erzeugt hat nicht bewältigbar.

Viele haben also immer noch einen bösen Traum. Ich empfehle, das Gehirn einzuschalten, denn anders ist das Aufwachen unmöglich. Die soziologischen Phänomene und die erforderliche Politik zur Koordinierung der vielfältigen wirtschaftlichen Betätigung, vor denen wir stehen, sind nicht nachvollziehbar, wenn man die Zinsflüsse[+] nicht im Blick hat.

Warum die Zinsen so niedrig sind

Die Zinsen sind nicht allein aufgrund des Einflusses der Notenbanken niedrig. Die gegenwärtig zu beobachtende Entwicklung ist seit über 150 Jahren verstanden, beschrieben und bekannt unter dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate[+], III. Band des Kapitals.

Dieses Gesetz ist einfach zu verstehen. Bei positivem Zins wächst[+] mit der Zeit[+] das Leihkapital auf sehr große Werte an. Wenn die Bevölkerung, bzw. das System von Verträgen, aus dem die Zinsen für das Wachstum[+] dieses Kapitals abgeschöpft werden, nur ein beschränktes Einsparungspotenzial hat, und das ist der Fall, denn die Bevölkerungen der Währungsräume der 1. Welt schrumpfen sogar und sind auf einem hohen Ausbildungsgrad von privater Heteronomie (Kontrahierungszwänge[+] und andere Eingriffe in dei Privatautonomie[+], a.b.a. als Vorschriften, Steuern und Bürokratie) angekommen, dann müssen die Zinssätze sinken, sonst wird investiertes Geld nicht zurückkommen (Platzen von Blasen).

Insofern spiegeln und unterstützen die Notenbanken nur dieses bisher schon oft dagewesene kritische Stadium des kapitalistischen Prozesses, also sein erfolgsbedingtes Scheitern und Ende.

In der Vergangenheit (vor dem 1. WK und vor dem 2. WK) hat sich der Zustand immer gewaltsam entladen, weil es nicht genügend weit verbreitetes Bewusstsein und auch keine zu diesen Zeitpunkten[+] technisch verfügbaren Mittel[+], nämlich die besagte Umlaufsicherung[+], gab, den Übergang zu erreichen.

Heute ist das anders. Man wird daran auch nichts ändern können, Widerstand dagegen ist hochgradig asozial, irrational und sonst auch vollkommen sinnlos, denn es geht am Ende immer nur um das Leben und eben nicht um das Geld!

Die Ursache[+] für die negativen Zinsen ist der positive Zins selbst, also der Kapitalismus[+]. Das Zinsnehmen bewirkt einen sozio-ökonomischen Zustand dargestellt in der Einkommensverteilung und in den Verteilungen für die Preise lebensnotwendiger Konsum- und Nutzgüter (z.B. Wohnungen und andere Mietsachen), und dieser Zustand erzwingt dann die negativen Zinsen. Konkret sind es die Schulden, die dazu zwingen, eine Geldordnung einzuführen, die Schuldner entlastet und Gläubiger belastet.

In Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie[+] verweist Schumpeter[+] außerdem auf Marxens[+] Gesetz vom tendenziellen Fall der Profirate.

Ängste und die Struktur des Finanzsystems

Ich entgegne Ängsten[+] und Befürchtungen.

„Wird das Bargeld abgeschafft, verfügen Sie über Ihr Geld nur, wenn es Ihnen gestattet wird.”
Die Zentralbank[+] garantiert für die freie Verfügung über Guthabenbeträge, und daran wird auch nicht gerüttelt.

„Kommen Banken[+] ins Wanken oder gleich der ganze Schweinekapitalismus, wird jedes Konto sofort zum Spendenkonto.”
Der Kapitalismus[+] basiert auf der Trennung von Eigentum[+] und Besitz[+]. Besitzer[+] von Leihkapital zahlen Zins an die Eigentümer[+] von Leihkapital. Die Verträge zwischen Eigentümern[+] und Besitzern[+] werden über Intermediäre der Leihwirtschaft (Vermögensverwalter, Vermietungs- und Verpachtungsgesellschaften, Banken[+], usw.) geschlossen. Es wichtig zu begreifen, dass Eigentümer[+] in dieser Beziehung relative vermögender sind als Besitzer[+].

Im Speziellen sind Banken[+] die Finanzintermediäre der sog. Geld- oder Finanz-„wirtschaft“, und es zahlen Kreditnehmer (Besitzer[+] von Geld) über die Banken[+] Zinsen an Sparer (Eigentümer[+] von Geld).

Infolge der Mechanik positiver Geldzinsen geraten die Finanzintermediäre im Verlauf des Akkumulationsprozesses[+] mit mathematischer Gewissheit immer in eine Krise, in der in der Vergangenheit zur Sanierung der Bankbilanzen[+] auf Spareinlagen zurückgegriffen wurde. Dies ist jedoch durch das Einlagensicherungsgesetz nun nur noch begrenzt möglich und wird aber im Zuge der Entwicklung hin zu einer Negativzins-Ökonomie[+], also einer anti-kapitalistischen Geldordnung, unnötig, weil es keine Ausfälle mehr geben wird.

Eine Geldordnung, die auf negativen Geldzinsen basiert, ist anti-kapitalistisch. Diese Geldordnung weist also auch nicht mehr die für den Kapitalismus[+] in der Endphase der Akkumulation[+], also des "Zustands des völligen Abgegrastseins", typischen Krisensymptome auf. Es wird keine Ausfälle mehr geben.

Am dritten und vierten Satz...

„Aber das alles ist wesentlich weitreichender und dramatischer. Vor allem in Verbindung mit der so genannten Digitalisierung.“
...sieht man, dass man sich einmal hinsetzen und sich über die Zinsflüsse[+] klar werden sollte, denn sonst wird man nicht verstehen können, was gerade passiert: Der Zinsfluss[+] polt zum ersten Mal seit über 6.000 Jahren in einem riesigen Bereich der zivilisatorischen Wirtschaft um!
In der Grafik sind die 'Borrowers' (die Borger, also Kreditnehmer und Besitzer[+]) und die 'Lenders' sind die (Verleiher, also Sparer bzw. Anleger und Eigentümer[+]). 'Deposits' sind Einlagen (Guthaben). 'Loans' sind Kredite. Die Pfeile verlaufen entgegen der Zinsflussrichtung[+] bei positivem Zins.

Wie die Negativzinsen die Entwicklung der ländlichen Regionen ermöglichen werden

Viele lachen bei der SPD Agenda zur Verringerung der Ungleichheit bei den Lebensverhältnissen. Ich will begründen, warum es infolge der Negativzins-Ökonomie[+] möglich werden wird.

Bild von der Seite der SPD Bundestagsfraktion gut leben.

Ich setze zunächst eine Umlaufsicherung[+] voraus, z.B.

Wenn dann infolge der Geldpolitik[+] der Zentralbank[+] die Geschäftsbanken[+] die Guthabenzinsen ins Negative absenken, können Geldvermögende versuchen, Kreditnehmer zu finden, die für die Aufbewahrung von Geld weniger Zins nehmen als die Geschäftsbank[+]. Infolgedessen wird man die Kreditvergabe-Richtlinien (Bonitätsprüfung) lockern, denn gerade die Kreditunwürdigsten haben den größten Finanzierungsbedarf, und das Ausfallrisiko für Kredite schwindet in einer Wirtschaft, in der das Geld unter Zirkulations- und Dispersionsdruck steht.

Die sog. "Kredithürde", in der BWL als Budgetrestriktion bekannt, ist bei negativem Zins nicht mehr vorhanden. Die Höhe der Tilgungsraten sind nach unten nur durch die Höhe des innerhalb des Erwerbslebens tilgbaren Kreditvolumens des Kreditnehmers beschränkt.

Kreditnehmer werden sich auf die Suche nach günstigem Bauland v.a. in ländlichen Regionen niederlassen, um dort in das Eigenheim zu ziehen. Dies ist wegen der Flächenversiegelung[+] am besten schon vorhandenes Bauland oder alte Häuser und Landsitze, die dann entsprechend renoviert oder abgerissen und neu errichtet werden.

In den Städten fallen diese Kreditnehmer so als Mieter weg, wodurch die Mieten in den Städten sinken. In den Städten wird außerdem mehr gebaut, wodurch auch die Mieten sinken.

Auch Unternehmen und Betriebe werden sich auf dem Land ansiedeln, weil dort die Grundkosten am niedrigsten sind. Insgesamt werden die Städte an Bedeutung verlieren.

Das sind alles geldpolitisch[+] induzierte makro-ökonomische Effekte, die Politik so gar nicht bewirken kann.

Politik sorgt dann schließlich für eine gute Verkehrsanbindung der ländlichen Bereiche. Geld dafür ist genügend vorhanden, denn auch der Staat bekommt Zins dafür, einen Kredit aufzunehmen bzw. Anleihen[+] zu verkaufen. Die Renditen auf deutsche Staatsanleihen[+] sind heute schon negativ.

Ende der Bezahlwand

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Tim Deutschmann

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