Ökonomisches Grund- und Schichtmodell kapitalistischer Währungsräume
Wenn man sich lange mit etwas so Großem wie Volkswirtschaft oder Nationalökonomie[+] beschäftigt, dann ist man zunehmend dazu in der Lage, die grundlegenden Zusammenhänge auf ein irreduzibles Grundmodell zu bringen. Ich gebe hier:
- ein Schichtmodell kapitalistischer Währungsräume
- eine Übersicht über ökonomische Systeme westlichen Standards und
- das Grundprinzip des Kapitalismus[+]: positiver Zins[+] und Trennung von Eigentum[+] und Besitz[+]
Ich will noch einmal kurz erklären, wie bedeutsam das Zinsvorzeichen[+] ist und warum es der Schlüssel zu einer antikapitalistischen Ökonomie[+] ist. Wie man weiß, wurde alles Geld, das es gibt, durch die Tilgung von Kreditzinsen, aber letztendlich durch Arbeit[+] erschaffen. Auch alle Güter, die einen Wert haben, enthalten diese Arbeitskraft[+], wenn man sich an den ersten Band des Kapitals erinnert.
Die Sonderstellung des Geldes bei den Kapitalarten
Das Geld ist aber nur eine der Formen von Kapital. Neben dem Geld gibt es noch Immobilien, Wertgegenstände, Rechte[+], Wissen, Unternehmen und andere Arten von Kapital. Doch der Wert aller dieser anderen Arten von Kapital wird in Einheiten des Geldes gemessen. Deswegen nimmt das Geld eine so besondere Stellung ein.
Das Geld hat drei Hauptfunktionen:
- Es dient als Wertmaßstab.
- Es ist universelles Tauschmittel.
- Es dient als Aufbewahrungsmittel für Werte.
Gerade 3. Geldfunktion, die (Wert-) Aufbewahrungsfunktion des Geldes, ist vom Zinsvorzeichen[+] abhängig. Solange das Vorzeichen des Zinses[+] positiv ist, ist es sogar möglich, dass das Geld wächst[+], ohne dass sein Eigentümer[+] dafür arbeiten muss. Stattdessen müssen diejenigen für die Erzeugung des Zinses[+] arbeiten, die das Geld borgen, also die Besitzer[+], oder die mit demjenigen vertragliche Beziehungen haben, der es borgt.
Wichtig ist auch wahrzunehmen, dass bei positivem Zins[+], also im Kapitalismus[+], die 3. Geldfunktion im Widerspruch steht zur 2. Geldfunktion, denn der positive Zins[+] verführt zur Hortung des Geldes, also zur Aufbewahrung, und also zum Entzug vom Tausch. Wer das Geld spart, gibt es nicht aus. Durch das Geldmengenwachstum[+], die Aufblähung der Geldmenge[+] („Inflation[+] des Gelduniversums“), entstehen auf der Seite der Eigentümer[+] immer mehr Möglichkeiten[+], das Geld in andere Vermögensarten und Kapitalgüter umzuwandeln, während auf der Seite derjenigen, die es borgen, Zinsschulden[+] ver- und abgearbeitet werden müssen.
Schichtmodell kapitalistischer Währungsräume (Währungsräume mit positivem Zins)
Betrachtet man nun also die Welt der Geldvermögenden als eine Art Universum, dann wird dieses Universum durch die Arbeit[+] derjenigen aufgeblasen, die die Zinsen[+] zahlen. Die Gruppe der den Zins[+] Abarbeitenden ist in einem Währungsraum, je länger der Kapitalismus[+] läuft, die immer größer werdende Mehrheit (momentan ca. 85 %, aus Betrachtung der Entwicklung der Vermögensverteilung).
Man kann die Vermögens- und Einkommensverteilung im Kapitalismus[+], also bei positivem Zins[+], als Pyramide betrachten. In dieser Pyramide unterscheide ich drei Schichten:
- Die unterste Schicht A, das Proletariat[+], die Arbeiter[+], lebt allein von Einkommen aus dem Verkauf ihrer Arbeitskraft[+] und gibt insgesamt Zinsen[+]. Dies sind mindestens 15 Millionen Menschen, nämlich jene, die arm sind.
- Die Einkommen der mittleren Schicht M, der Mittelstand[+], bestehen nicht nur aus Arbeitseinkommen[+] oder Einkommen aus unternehmerischer, gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit, sondern auch aus Zinseinkommen[+]. Die Angehörigen der Schicht nehmen Zinsen[+], weil sie schon Leihkapital haben (Geld, Häuser, Land und andere Immobilien, Rechte[+], Patente auf Wissen, und so weiter), geben aber insgesamt mehr Zinsen[+] als sie nehmen.
- Die Schicht K, die „Oberschicht“, hat so viel Leihkapital akkumuliert, dass sie allein von den Zinsen[+] (Geldzinsen, Mietzinsen[+], Pachtzinsen[+], Lizenz-, Leih- und Nutzgebühren) leben kann und nicht mehr arbeiten muss, um Einkommen zu haben.
Die Schichten A und M machen etwa 85% der Bevölkerung aus. Die infolge des Zinses[+] immer kleiner und reicher werdende (Ober-) 'Schicht K' lebt hingegen allein von Zinsen[+] und Eigentum[+] an Unternehmungen (Gewinne incl. Dividenden[+]) und überhaupt nicht mehr vom Verkauf ihrer Arbeitskraft[+].
Wenn der Zins[+] auf Guthaben und bei Krediten negativ wird, dann wird der gesamte Zinsfluss[+] umgepolt. Es ist dann in etwa so, als würde man aus dem Gelduniversum die Luft ablassen. Das, was dem Gelduniversum infolge seiner Schrumpfung dann verloren geht, kehrt zu seiner Quelle zurück, nämlich der Arbeit[+]. Dadurch wird dann nicht mehr Totes akkumuliert, sondern Lebendiges.
Aufbau ökonomischer Systeme westlichen Standards
Es gibt fünf Gewalten in modernen Staaten westlicher Art:
- Exekutive,
- Legislative,
- Judikative,
- öffentlich-rechtliche Medien,
- Zentralbank[+]
In der Mitte der Grafik ist die Finanz- und Leihwirtschaft zu sehen. Darin ist die wesentliche Vertragsart der Leihvertrag (Achtung von der juristischen abweichende Terminologie). Die Preise heißen Zinsen[+], im Speziellen Geldzinsen, Mietzinsen[+], Pachtzinsen[+], Lizenz-, Nutzungs- und Leihgebühren. Die Finanz- und Leihwirtschaft basiert auf der Trennung von Besitztum[+] und Eigentum[+]. Die Besitzer[+] zahlen Zins[+] an die Eigentümer[+]. Der untere Teil der Grafik zeigt die Realwirtschaft. Die vorherrschenden Verträge sind die Kaufverträge, also jene Verträge, in denen Eigentümer[+] wechseln, und Arbeits[+]- und Dienstleistungsverträge. Zur Unterscheidung von Finanz- und Leihwirtschaft (Mitte) und Realwirtschaft (unten) verweise ich auf diesen Abschnitt.
Man kann die Wirtschaft also in zwei Teile unterteilen. Ein Teil ist symbiotisch, kreislaufartig und heterarchisch organisiert, so wie die Organe im menschlichen Körper zusammenarbeiten. Das ist die Realwirtschaft. Der andere Teil ist bei positivem Zins[+], also im Kapitalismus[+], parasitär, hierarchisch und hat also einen unidirektionalen Geldtransport. Das ist die Finanz- und Leihwirtschaft. Ich nenne sie auch manchmal „Nominalwirtschaft[+]“, weil es keine reale Wirtschaft ist. Der pyramidale Teil beutet den kreislaufartigen Teil aus. Im Kapitalismus[+] beutet das Kapital aufgrund des Zinses[+] mithilfe der Marktwirtschaft[+] die Stoffwechselleistung[+] des Lebendigen aus, verwandelt diese Stoffwechselleistung[+] während der Tilgung der Zinsen[+] in geltendes Totes[+], also in immer mehr Handlungsmöglichkeiten für die Eigentümer[+] des Kapitals.
Grundprinzip des Kapitalismus und sein logisches Gegenteil
Der Kapitalismus[+] basiert auf der Trennung von Eigentum[+] und Besitztum[+]. Besitzer[+] (Kreditnehmer, Mieter, Pächter, Lizenz-, Nutz-, Leihnehmer, Schuldner) zahlen für den Erwerb von Verfügungsrechten[+] an der Sache Zinsen[+] an die Eigentümer[+] (Sparer, Vermieter, Grundherren, Rechteeigent[+]ümer, Leihgeber, Gläubiger).
Wir leben in einer Zeit, in der sich uns die Frage stellt, welche Folgen es haben wird, wenn wir den Zinsfluss[+] umpolen, wenn also diese gesamte in der Vergangenheit vollbrachte Stoffwechselleistung[+] zur Tilgung der Kreditzinsen, denn diese haben das Gelduniversum aufgeblasen, wieder zur Quelle zurückfließt. Alle Sparer zahlen dann den (negativen) Zins[+]. Dafür bekommen dann aber eben auch alle Kreditnehmer den (negativen) Zins[+]. Man bekommt immer noch Zins[+] unter einer Negativzins-Ökonomie[+], aber eben nicht mehr für das Sparen, sondern für die Aufnahme eines Kredites.
Querverweise auf 'Ökonomisches Grund- und Schichtmodell kapitalistischer Währungsräume'
- Aktuelles (Blog)
- Friedrich Merz, Christian Lindner, Henrike Roßbach und Katrin Göring-Eckardt bei Maybrit Illner; Kommentierung des Hauptteils der Sendung; Armes kleines, deutsches Sparerschwein; Lindner, der Schlingel; Merz, der Kantige, Rücksichtslose; Die repräsentative Spannung im EZB-Rat zwischen Gläubiger- und Schuldnerstaaten; Der Reformvorschlag zur Demokratisierung der Geldpolitik; Roßbach, die Ahnungslose?; Die Selige: Göring-Eckardt; Lindners Sabotage der Gewaltenteilung; Schluss mit dem Ritt auf der Rasierklinge; Fazit
- Positionen zu Inflation und Zinspolitik und ein Kommentar zur Verstaatlichung von Teilen der Vonovia; Kritik der Prognosen von Gunther Schnabl und Tim Florian Sepp; Fazit und eigene Prognose; Bestätigung der These über den Zusammenhang zwischen Zins- und Inflationsvorzeichen durch MMT Theoretiker Warren Mosler; Vergleich der Antriebswirkungen von Negativzinsen und Inflation; Fisher-Gleichung; Abhängigkeit von Zinsniveau und Inflationsrate; Fazit; Günstig privatisiert, teuer verstaatlicht: Teile der Wohnungen von Vonovia verstaatlicht
- Zwei Aufrufe und ein Kommentar dazu, sich mit den Grundlagen der Ökonomie zu beschäftigen; Eigentumsverteilung; Marktwirtschaft vs. Sozialismus: Wie koordiniert man den Schwarm unter einer Negativzins-Ökonomie? Wie geht antikapitalistische Marktwirtschaft?; Kommentar bei energiezukunft.eu
- Nachträge; Zur Anpassung des Metabolismus' des Zivilisationsprozesses im Hinblick auf die Nachhaltigkeitzielsetzungen; Auseinandersetzung mit der Frage: Ist es ökologisch nachhaltig, wenn jetzt durch Negativzinsen der Konsum begünstigt wird und die Aufnahme von Krediten?; Ist die sozialverträgliche Nachhaltigkeitstransformation nur in Währungsräumen mit negativen Zinsen möglich?; Referenzen / Einzelnachweise
- Paul Kirchhofs YouTube-Beitrag zu den Negativzinsen bei Mission Money; Kommentierung; Geld arbeitet nicht, sondern Geld lässt arbeiten; Leugnung der Gefährdung der Stabilität und des Vertrauens durch Fortsetzung des Zinsnehmens; Falsche Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes; Fingierte Bedrohung der Familie, der Freiheit und des Eigentums; Kommt der Crash?; Zur Missachtung der Stabilitätskriterien; Austerität als Lösung; Fazit; Referenzen / Einzelnachweise
- Erinnerung an den SWR, die Berichterstattung endlich auftragsgemäß zu gestalten!; Die E-Mails; Liste mit Zinskritikern; Ungenügende Berichterstattung
- Zusammenfassung einiger makroökonomischer Folgen einer Negativzins-Ökonomie; Entropiezunahme und Negativzins; Altersvorsorge unter einer Negativzins-Ökonomie; Inflation des Gelduniversums, Kontrahierungszwänge und das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate; Welche Rolle spielen dabei Abschreibungen an realem (Sach-) Kapital? Vermögensbegrenzung; Das Vorzeichen der Inflationsrate und das Zinsvorzeichen
- Die kapitalistische Evolution; Direkte Wirkungen der Zinsen; Schumpeter zu Marxens Theorien zu Konjunkturzyklen und Prozessstadien des Kapitalismus; Beziehung zum Zins-Faschismus und Sozial-Darwinismus; Konjunkturzyklen; Erweiterung der Pyramidenbasis: Globalisierung; Die Abwertung körperlicher Arbeit; Arbeitskampf als Antagonist der Abwertung der Arbeit; Referenzen / Einzelnachweise
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