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18. Februar 2023

Interview mit Jason Williamson von Sleaford Mods

Hier gibt Jason Williamson von Sleaford Mods 2021 Einblicke in den Zustand der britischen Gesellschaft unter dem Eindruck der Corona[+]-Pandemie mit Schwerpunkt auf den systemrelevanten Erwerbstätigen und macht einige interessante Aussagen zum Kapitalismus[+].

Sleaford Mods full interview: Boris Johnson doesn't give a flying f**k; Sleaford Mods frontman Jason Williamson talks to JOE about the 'sinister' Clap For Carers, his disdain for the 'heinous' Conservative government, the cruelty...

Interview

Beginn der Bezahlwand

Der britische Ausnahmezustand der Pandemie

Er beobachtet die Entwicklung seiner Kinder, sorge sich um die Einschränkungen für Künstler, weiß nicht, wann "es" wieder zurück geht [in Richtung Normal]. Er kritisiert, dass das britische Gesundheitssystem vernachlässigt würde. Das System behandle Leute wie Scheiße. Der Premierminister Johnson kümmere sich nicht. Es gebe viel Wut. Leute mit kleinen Löhnen in Not bekämen nur Almosen. Auf die Frage, warum es den Geringverdienern so schlecht gehe, sage man ihnen "Ihr bekommt, was Ihr gebt.". Wenn "die Maschine" nach Ende der Corona[+]-Pandemie wieder anlaufe, würden die Leute wieder in die alte Denke zurück fallen. Diese Rückkehr begründet er mit einem starken "Präsenz-Kapitalismus[+]", die Leute kämen schnell in ihren Rythmus zurück. Man werde den veränderten Respekt gegenüber den systemrelevanten Jobs, ihre Wertschätzung während der Pandemie, wahrscheinlich wieder vergessen.

Die Gesundheitspolitik der Konservativen[+] nerve ihn. Es sei nicht alles schwarz und weiß. Wer wisse schon, welche Auffassung sich über die Befindlichkeiten der Leute über das Gesundheitssystem im Parlament durchsetze. Die Konservativen[+] würden auf widerwärtige Weise wie Hyänen Grenzen missachten und Leute dabei verletzen. Es gebe keine Worte für den Hass der Betroffenen [lacht].

Der Interviewer fragt: „Rettet das Gesundheitssystem (NHS) den Premierminister?” Williamson antwortet, dass man einen Kipppunkt oder eine Spitze erreichen müsse, eine Form der Erkenntnis und Anerkennung, so dass die Löhne steigen und die Wertigkeit der schlecht bezahlten systemrelvanten Erwerbstätigen. Es gebe eine Art Gratismentalität der Besserbetuchten, die die Arbeitsverhältnisse[+] als selbstverständlich hinnehmen. Man müsse die Bekenntnisse des Respekts und der Anerkennung der systemrelevanten Berufe, die ausgerufen wurden, um den Laden zusammenzuhalten, beibehalten.

Ist der Ausnahmezustand eine Alternative zum Kapitalismus?

Dann geht es um die [aus dem Kapitalismus[+] resultierende] Gesellschaftsstruktur. Der Interviewer sagt, dass oft behauptet werde, dass das gegenwärtige Systeme das einzig funktionierende sei und dass es aber [durch die Pandemie] ins Stocken gerate. Die Frage an Williamson lautet, ob die Leute infolge der Pandemieerfahrung nicht vielleicht anders über die Art von Gesellschaft nachdenken würden, die die Briten haben könnten. Williamson antwortet (7:12), dass sie nicht sicher seien, was den Platz der alten, bisherigen Gesellschaftsordnung einnehmen könnte, weil alles nur pausiere, also alles, was die Straßen des Kapitalismus[+] entlang laufe, das Geld, die Arbeit[+] usw. eingefroren sei. Doch in der Auffassung der Menschen [Mindset] sei die Erwartung, dass der Kapitalismus[+] zurückkehre. Der Kapitalismus[+] sei gerade im Limbo und dies scheine eine zum Kapitalismus[+] alternative Möglichkeit[+] der Existenz zu sein. Er wüsste aber auch nicht, wie es anders gehen könnte. Er hätte auch keine Regierungswerkzeuge bei Hand, mit denen er das Land regieren könnte, er nicht [lacht], wer wüsste es schon. Die komplette Freizeit [während der Lockdowns] sei aber definitiv eine andere Art der Existenz. [Anmerkung: Während der Lockdowns liefen die Wirtschaften in einer Art Notfall-Grundmodus. Nur systemrelevante Funktionsteile waren in Betrieb. Es gab keinen nicht-notwendigen Betrieb.]

Der Neo-Liberale und Brexiteer Dominic Cummings

Williamson: „Wir werden entweder ausgequetscht [squeezing] oder wir schreien [or screaming]“. Selbst wenn Kapitalismus[+] für mich gerade funktioniert, funktioniert es nicht [unbedingt] für Dich. Wir werden ausgequetscht. Wenn es nicht funktioniert, dann schreien wir [beschweren wir uns]. Er erwarte von Dominic Cummings keine Verbesserungen. Natürlich muss etwas an diese Stelle treten. Doch verbleibe zu sehen, was das ist. Dominic Cummings sei wohl ein Philosoph, der in die Politik gegangen sei. Er wolle anscheinend das Gewebe der Gesellschaft auseinanderreißen und es neu entwerfen und so erschaffen, dass bessere Ergebnisse erzeilt werden. [Anmerkung: das wäre ein ziemlich illiberale[+], für das Königreich befremdliche Herangehensweise, eine Diskontonuität, eine mutwillig herbei geführte Ruptur mit ungewissem Ausgang!] Seine Politik sei besorgniserregend, weil er ein Neo-Liberaler[+] ist. Er scheine die systemrelevanten Erwerbstätigen nicht mit zu berücksichtigen. Alles, was er unternehme, käme von der Oberklasse und sei von deren Lebenserfahrung inspiriert.

Was mache ihn [Williamson] am wütendsten dabei? Williamson: Die Inkompetenz der Regierung, die Lohneinbußen (aus selbstsüchtiger Perspektive), dass Leute unnötig sterben, die Art wie Johnson den Leuten Vorschläge macht, wie die Leute über den Verlust von Angehörigen denken sollten, hauptsächlich aber die Regierung, nicht viel anderes.

Zum Sozial-Darwinismus

Dann geht es um die Frontlinien-Arbeiter[+], die systemrelevanten Erwerbstätigen. Der Interviewer fragt, wenn man über die am niedrigsten bezahlten Arbeitenden[+], die am stärksten dem Virus ausgesetzt sind, nachdenke, was ihre Einkommenssituation und Exponiertheit gegenüber dem Virus über die britische Gesellschaft aussage. Williamson: Ja, es sei ein grausames System, ein "sinke-oder-schwimm'-Ding". [Er spielt m.m. auf die Zwangslage[+] der Betroffenen an. Sie haben keine Wahl.] Je niedriger der monetäre Wert, den Du hast, desto stärker sei das Risiko eines frühzeitigen Todes, desto stärker sei man Angriffen von außen ausgesetzt, Dingen, die unangenehm sind, .... sie werden wie eine Armee gehalten und geführt. Es sei ein teufliches System. Es drehe sich alles um Geld. Es gehe nicht um Sozialismus[+], nicht um gleiche Rechte[+],.... Diese Zeit[+] des Kapitalismus[+], die wir durchleben, ist sehr intensiv und schwer, und es dreht sich alles nur um den Profit. Die Marktgläubigen sagen, dass Du die Möglichkeit[+] hättest reich zu werden, wenn Du wolltest, doch offensichtlich erreichen aufgrund mangelnder Bildung, Milieuerfahrung, sozialem Status die meisten Leute das nicht. [Anmerkung: Selbst mit Bildung ist der Aufstieg aufgrund mathematischer Zwangsbedingungen[+] im Kapitalismus[+] nur Einzelnen, nicht jedoch Vielen oder gar ganzen Schichten möglich.]

Interviewer: In den USA gebe es Forderungen der Wiederöffnung der Wirtschaft, obwohl das Virus noch präsent ist, ob da nicht eine Täuschung erkennbar sei. Williamson: Das sei eine fast unglaubliche neue Form des Faschismus[+]. [Er meint mutmaßlich, dass dann das Virus die Schwächsten[+] ausrotten würde, wie der Sozial-Darwinismus Teil der Ideologie der Nationalsozialisten war.] Die Wirtschaft komme zuerst, dann erst die Menschenleben. So sei es, so werde geherrscht. Die Eliten bräuchten die Menschen am Boden, sonst wären sie gefickt. Da seien vielleicht 25 - 30 Milliardäre auf dem Planeten, die sonst niemanden hätten, der ihre Ressourcen besorge.

Im Anschluss, ab etwa 13:33, geht es um das neue Album All that Glue. Auf die Frage, wie es zur Entwicklung seines einzigartigen Musikstils kam, sagt Williamson, dass er permanent der Überzeugung sei, dass [in der Systemfrage] ein totes Pferd ausgepeitscht werde, dass sich die Menschen [in ihren Rollen in der Maschine] als Einzeltrick-Ponies empfänden. Die Musik helfe ihm dabei, seine Lebendigkeit zu bewahren, und offensichtlich beeinflusse die Außenwelt die Musik, sie könne die Musik auch formen.

Dann, was er für den Rest des Tages mache. Er mache es wie alle, sehe Joe's week an diesem Morgen, mache ein bisschen Hanteltraining, habe dann Mittagessen und gehe dann in den Park, um aus den Kindern ein bisschen überschüssige Energie auszulaufen, weil sie es [den Lockdown] wirklich spüren. Sie wüssten nicht [genau], was los ist. Er denke, dass sie ein bisschen durcheinander seien, weil sie die ganze Zeit[+] zu Hause bleiben.

Wie erkläre er seinen Kindern das, was gerade passiere. Williamson: „Gar nicht, sie fragen noch nicht einmal. Aber wissen Sie, sie sind nicht dumm. Etwas gelangt in ihr Bewusstsein, etwas wie „Was ist hier eigentlich los?, Warum bleibe ich die ganze Zeit[+] zu Hause?“. „Warum schreit mich Papa 24/7 an?”” [lacht] „Wissen Sie, ich lerne es. Ihnen ist klar, dass da etwas ist. Ich meine, unsere Älteste, sie ist acht, wissen Sie, sie weiß, dass da Keime rumfliegen [er meint wohl das Virus], dass sie sich den Leuten nicht nähern soll. Sie ist noch nicht voll in den Kapitalismus[+] einbezogen worden. Sie gehen noch zur Schule, aber es wird kommen.“

Ja, der Papa wird seiner Tochter wohl eines Tages erklären, was Kapitalismus[+] ist, jedenfalls das, was er davon versteht.

Verdauung

Da sitzt ein rebellischer, kluger Mann, der die Befindlichkeiten seiner durch den Kapitalismus[+] materiell schlechter gestellten Landsleute wahrnimmt und sehr gut beschreiben kann, was mit Sicherheit einer der Gründe seines Erfolgs ist. Er spricht ihnen mit seinen wütenden, rauhen und mit Schimpfwörtern gespickten, dialektischen Texten aus dem Herzen. Als ich meine Arbeit[+] 2015 anfing, sah ich mich mit Vorwürfen konfrontiert, ich verhalte mich mit meinem manischen und wütenden Verhalten ähnlich wie die Propheten der abrahamitischen Religionen. Da sich im Zuge der Entwicklung meiner Erkenntnisse des Zinsmechanismus' meine Sprache veränderte und ich sensibler für die Wortherkunft wurde, schlug ich den Begriff 'Prophet' nach. Ich fand dieses hier:

Prophet m. ‘Verkünder und Deuter des göttlichen Willens, Seher, Mahner’, auch ‘Verkünder der Zukunft’, ahd. propheta (9. Jh.), mhd. prophēt(e), entlehnt aus gleichbed. kirchenlat. prophēta, prophētēs, lat. ‘Weissager, Magier’, griech. prophḗtēs (προφήτης) ‘Deuter des Orakels, Weissager, öffentlicher Verkünder, Sänger’, zu griech. prophánai (προφάναι) ‘vorhersagen, verkünden’, eigentlich wohl ‘für einen anderen sprechen, aussagen’, vgl. griech. phánai (φάναι) ‘sagen, sprechen, verkünden’. – prophetisch Adj. ‘verkündend, weissagend’, auch ‘in den biblischen Schriften der Propheten enthalten’, mhd. prophētisch, vgl. gleichbed. kirchenlat. prophēticus, griech. prophētikós (προφητικός). Prophetie f. ‘Weissagung’, mhd. prophētīe, aus gleichbed. spätlat. prophētīa, griech. prophēté͞ia (προφητεία); auch mhd. prophēzīe, prophēcīe, wohl unter Einfluß von afrz. profecie. prophezeien Vb. ‘vorhersagen, verkünden, weissagen’, mhd. prophēzīen, frühnhd. prophezeien, zu mhd. prophēzīe (s. oben); Prophezeiung f. ‘Weissagung, Vorhersage’, mhd. prophēzīunge.
DWDS zu Prophet.

Ist es vielleicht so, dass sogenannte "Propheten" mit ihrer Kunst unbewusst Teile des kollektiven Unbewussten auffassen und in Worte kleiden, das durch das systematische Schweigen[+] über den Zinsmechanismus im kollektiven Bewusstsein erzeugt wird, vgl. Eintrag vom 09.20.2018? Haben Sie vielleicht Erfolg, weil sie die Wahrheit aussprechen, das, was die Leute empfinden? Ich erkenne in vielen Musiktexten zahlreicher populärer Künstler Fragmente der großen Theorie, an der ich arbeite. Bei kaum einem Künstler sind jedoch die Fetzen zu einem kritisch dichten Gewebe aus Kausalsträngen, das auch seinen Ursprung[+], den Zinsmechanismus, enthält, verbunden. Käme eine öffentliche Person mit großer Reichweite in den Besitz[+] des kritischen Wissens, dann würde dies vermutlich den Niedergang des Kapitalismus[+] enorm beschleunigen. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass die "Kinder des Bösen" sich mit aller Macht darum bemühen werden, dass alle exponierten Persönlichkeiten in Bezug auf das Zinsnehmen entweder einem Gesinnungstest unterzogen oder systematisch verwirrt gehalten werden, vgl. dieses Video.

Unsere Künstler erscheinen mir hinsichtlich der Kritik des Kapitalismus[+] eigentümlich zurückhaltend, an der entscheidenden Stelle gar kognitiv kastriert. Sie reden nicht über die Zinsen. Vielleicht verdienen manche zu gut und können dann nichts gegen die Zinsen sagen? Andererseits: Würde irgendein etabliertes Label Kunst veröffentlichen, die den Kapitalismus[+] an seiner Achillesferse angreift?

Ende der Bezahlwand

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Tim Deutschmann

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