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Logik, Vernunft und Irrationalität

Jeder Mensch hat eine eigene, ihm innewohnende Vernunft[+] oder Logik. Der Mensch glaubt an die Gültigkeit, also die Wahrheit, von Aussagen und Aussagen-Verknüpfungsregeln. Mit Hilfe dieser Aussagen und Regeln begegnet der Mensch seiner Umwelt und versucht die ihm begegnenden Dinge in seiner Weltanschauung einzuordnen (Projektion). Das zuunterst liegende, tief im Unterbewussten verankerte Aussagensysstem, zusammen mit den Verknüpfungsregeln, bezeichne ich als die Neurosenstruktur:

Die Neurosenstruktur ist eine Menge von Aussagen und Verknüpfungsregeln an dessen Wahrheit der Mensch bewusst und/oder unbewusst glaubt und danach handelt. Die Neurosenstruktur ist also die Essenz der sinnlichen Erfahrung.
Im folgenden Abschnitt geht es also um die Frage, wie die Einprägungen kausaler[+] Zusammenhänge durch Lebenserfahrung die jeweils eigene Logik eines Menschen hervorbringt und wie sich diese Logik zu den seelischen Phänomenen Neurosenstruktur und (Mini-) Psychosen verhält.

Beginn der Bezahlwand

In seinem Buch Die Furcht vor der Freiheit definiert Erich Fromm die Neurose als Folge der Domestizierung des Zivilisationsmenschen:

Freud übernahm die traditionelle Überzeugung von der grundsätzlichen Dichotomie zwischen Mensch und Gesellschaft die Lehre, dass der Mensch von Natur aus böse sei. Für ihn ist der Mensch grundsätzlich antisozial. Die Gesellschaft muss ihn erst domestizieren. Sie muss zwar die direkte Befriedigung einiger biologischer und daher unausrottbarer Triebe zulassen, aber sie muss die meisten Basisimpulse im Menschen verfeinern und geschickt im Zaum halten. Infolge dieser Unterdrückung der natürlichen Impulse durch die Gesellschaft geschieht etwas Wunderbares: Die unterdrückten Triebe verwandeln sich in kulturell wertvolle Strebungen und werden so zur Grundlage der menschlichen Kultur. Freud hat diese merkwürdige Umwandlung des Unterdrückten in ein zivilisiertes Verhalten als Sublimierung bezeichnet. Wenn mehr unterdrückt werden muss als sublimiert werden kann, so wird der betreffende neurotisch; dann muss man ihm erlauben, weniger zu unterdrücken. Im Allgemeinen besteht jedoch ein umgekehrtes Verhältnis zwischen der Befriedigung der menschlichen Triebe und der Kultur: Je größer die Unterdrückung, umso mehr Kultur (und umso größer ist die Gefahr, dass es zu neurotischen Störungen kommt). Die Beziehung des Einzelnen zur Gesellschaft ist nach Freuds Theorie ihrem Wesen nach statisch: der Einzelne bleibt sich praktisch immer gleich und ändert sich nur insoweit, als die Gesellschaft einen größeren Druck auf seine natürlichen Triebe ausübt (und so eine noch stärkere Sublimierung erzwingt) oder ihm mehr Befriedigung erlaubt (und dafür Kultur opfert).

Die Neurosenstruktur, oder wie es an anderer Stelle heißt die Form der Seele, entsteht also durch die Annahme von Bestimmungen der Werteordnung, die der Einzelnen so in sich aufnimmt. Norbert Elias[+] bezeichnet das in Über den Prozess der Zivilisation in der Soziogenese des Über-Ich als die Umwandlung von Fremdzwängen in Selbstzwänge. Die besagten Aussagen sind die Gebote, Regeln, Gesetze und Normen des überindividuellen Wertesystems, zu dem im Näheren auch das Wertesystem, der soziale Code, die Regeln der Cliquen, des unmittelbaren sozialen Umfelds gehören. Ein wesentlicher Teil der Formung der Seele ist die Umlenkung der aus dem Es aufsteigenden Triebe in normkonformes Verhalten, die Freud als Sublimierung bezeichnet. Das Boshafte des Menschen ist laut Freud seine Triebhaftigkeit. Gut wird der Mensch durch Domestizierung (Verhäuslichung oder Zähmung, Zivilisierung, lat. domus ist das Haus, wie Norbert Elias[+] in Über den Prozess der Zivilisation schreibt).

Die Psychoanalytikerin Karen Horney definiert in ihrem grundlegenden Werk Der neurotische Mensch unserer Zeit[+] 1937:

Eine Neurose ist eine seelische Störung, die durch Befürchtungen und Abwehrmaßnahmen gegen diese Befürchtungen veranlasst wurde, und durch den Versuch, Kompromisslösungen für einander widersprechende Tendenzen zu finden. Aus praktishen Grüden ist es ratsam, eine derartige Störung nur dann eine Neurose zu nennen, wenn sie von innerhalb eines besonderen Kulturkreises allgemein üblichen Norm abweicht.
[...]

Zu den stärksten Trieben gehören die begehrenden Triebe Neugier, sexuelles Begehren, das Wollen überhaupt und die Suche nach Sinn, die ein automatisch ablaufender Vorgang des Gehirns ist, ähnlich wie eine Mustererkennung. Die Sinnsuche, also der Versuch der Abbildung des äußeren Reizes auf die Neurosenstruktur bezeichne ich als Psychose. Diese Definition wird für manche Menschen befremdlich wirken, denn Neurosen und Psychosen werden von vielen Menschen als krankhafte Störungen betrachtet. Im Rahmen meines Konstruktivismus' jedoch schwäche ich die gängige Definition (wikipedia) ab in folgende Form:

Eine Psychose ist eine endogene und/oder exogene Beeinflussung/Störung der Psyche[+], welche mit einem zeitweiligen weitgehenden Verlust des Realitätsbezugs einhergeht.
Kennen Sie das Gefühl, dass Ihnen jemand eine bestimmte Frage stellt, und Sie dadurch zeitweilig in einen Zustand des Nachdenkens, Grübelns und der Sprachlosigkeit versetzt werden, nicht wissen (sollen), was Sie dem äußeren Reiz (der Frage) entgegnen sollen? Sie erleben da eine Psychose. Die Psychose ist ein teilweise ungeordnet und unkontrolliert ablaufender Projektionsvorgang mit dem Ziel der Sinnfindung. Jeder kennt das Gefühl des Verliebtseins: „Ist er/sie es, ist er/sie es nicht, ist er/sie es,...?” Es ist eine (Mini-) Psychose!

Die Herstellung eines Realitätsbezugs in der Definition der Psychose oben ist eine Konstruktion(svorgang) des beobachtenden Gehirns. Die Herstellung eines Bezuges zur Realität ist ein Projektionsvorgang, der auch Sinnsuche heißt. Der äußere (exogene) oder auch innere (endogene) Reiz wird auf die Neurosenstruktur abgebildet, dieser Vorgang ist die Psychose. Je nachdem wie gut das Aussagensystem und die Verknüpfungsregeln zu dem äußeren Reiz passt, kann die Psychose schnell wieder abklingen und der Realitätsbezug ist hergestellt, die Projektion ist vollständig. Dauert der Projektionsvorgang länger und verselbstständigt er sich gar, so spricht man von pathologischen Formen der Psychose. Das Abklingen einer nicht pathologischen Psychose durch Abbildung auf die Neurosenstruktur, durch Darstellung des Unbekannten durch Bekanntes, durch Verknüpfung und Anschluss an vorhandene Strukturen erleben die meisten als Aha-Erlebnis. Es ist nichts anderes als der Abschluss eines tiefgreifenden Lernvorgangs und Erkennens.

In "Wirklichkeit als Geheimnis und Auftrag[+]" verwendet Thure von Uexküll[+] 1945 für das omnipräsent Psychotische der Welt den Begriff des Wahns, der in allen seinen Ausdrucksformen zusammengenommen die ursprüngliche Vorwirklichkeit des Zivilisationsmenschen bildet, der die rationale, nach Regelns des Verstandes und der Zweckhaftigkeit[+] durchzogene Welt des Homo Oeconomicus überlagert ist. In der Vorwirklichkeit, die im Verlauf des Zivilisationsprozesses sukzessive von Vorhängen der Rationaliät eingehüllt wurde, erkenne ich das so verschütt' gegangene Urbewusstsein[+] des Menschen.

Wir deuteten schon früher an, dass der überwiegende Anteil menschlichen Tätigseins nicht in verstandesmäßig bestimmten Zweckhandlungen[+] besteht, sondern in Handlungen, bei denen der Verstand und der von ihm geleitete Wille keine Rolle spielen. Als Beispiele solcher Formen menschlichen Tätigseins hatten wir das Essen, das Trinken, das Schlafen, das Hassen und das Lieben aufgezählt. In allen diesen Momenten handelt der Mensch nicht nachts wecken, sondern spontan, er bewirkt nicht nach Verstandesregeln, sondern handelt unter einem Drang, der ihn angreift und dem er folgen muss, auch ohne das Ziel zu kennen, dem er entgegen getrieben wird.

Wir wollen diese Form des Tätigseins im Gegensatz zur Zweckhandlung[+] des Wirkens als «ursprüngliche Handlung» bezeichnen und wollen nun zeigen, wie die ursprünglichen Handlungen mit der Vorwirklichkeit in ebenso engem Zusmmenhang stehen wie die Zweckhandlungen[+] mit der objektiven Wirklichkeit. Wenn die Zweckhandlungen[+] ein Kausalgeschehen in einer abstrakten Welt kausaler[+] Zusammenhänge bewirken, so schafft die ursprüngliche Handlung ein sinnvolles Geschehen in einer konkreten Welt sinnvoller Zusammenhänge, deren physikalischer Wirklichkeitswert jedoch - um das noch einmal zu betonen - völlig unbestimmt bleibt.

[Beispiel: Ajax erschlägt im Wahn eine Schafherde.]

Wir sehen daraus, dass wir überhaupt nur mit Einschränkung innerhalb der vor Wirklichkeit von «Gegenständen» sprechen dürfen; denn die Gegenstände sind dort nicht wie die materiellen Objekte der Verstandeswirklichkeit fest und unveränderlich vorhanden, sondern sie realisieren ihren Charakter als Gegenstand erst im Laufe der Handlung, aber auch diesen Charakter büßen sie ein, sobald man versucht, sie aus ihrer Welt zu entfernen. Man könnte die Gegenstände der Wahnwelt mit gewissen Tiefseefischen vergleichen, die in ihrer Atmosphäre eine ungewöhnliche Leuchtkraft und Farbigkeit entfalten, die sie aber sofort einbüßen, sobald man sie aus ihrer Atmosphäre entfernt. Im letzten Punkt unterscheiden sie sich freilich nicht von den Gegenständen der objektiven Außenwelt, der Verstandeswirklichkeit, auch diese behalten ja ihren objektiven Charakter nur innerhalb ihres Bereichs der Wirkwelt. Es hat also ganz allgemein nur einen Sinn, von Gegenständen eines bestimmten Bereichs zu sprechen. Außerhalb der einzelnen Bereiche gibt es überhaupt keinen Gegenstand, der als «Ding an sich» einfach vorhanden wäre.

Ein weiteres Charakteristikum der Welt des Wahns besteht darin, dass sie nicht von etwas Vorhandenem abgeleitet werden kann. Sie ist plötzlich da, und indem sie da ist, ergreift sie den Menschen und stellt ihn in die Einheit einer in jedem Sinne «neuen» Welt. Aber ebenso plötzlich, wie sie auftauchte, entschwindet sie wieder, wenn die Gesetzmäßigkeit ihre Handlung abgelaufen ist. Der Mensch ist dabei nur insofern handelnder, als er das ausführende Organ einer anonymen Macht darstellt, die erst im Laufe der Handlung ihr Wesen offenbart. Das meinen wir genau, wenn wir von «ursprünglicher Handlung» sprechen: die Gesetze der ursprünglichen Handlung sind keine Erfindung des Menschen, sondern sie werden ihm durch ein Ursprüngliches[+] vorgeschrieben. Der «Blutrausch» des Ajax verfliegt, als die Trojaner getötet sind, und er steht nun vor einer abgeschlachteten Schafherde.

Wir haben das Beispiel des Ajax nur deshalb gewählt, weil in ihm die Stellung der Vorwirklichkeit zur Wirklichkeit des Verstandes besonders deutlich wird. Dagegen interessiert uns die psychiatrische Seite, die man darin finden kann, ausdrücklich nicht. Uns interessiert nur, dass Ajax, der im Wahnsinn handelt, deswegen keine sinnlose Tat begeht, sondern dass seine Tat im Gegenteil im Gesamtgefüge seiner Wahnwelt durch und durch sinnvoll ist. Den Anschein der Sinnlosigkeit bekommt sie erst, als die Wahnwelt verblasst und nun mit der Verstandeswirklichkeit konfrontiert werden kann. Nun richtet sich das Tun nicht mehr auf Gegenstände der Wahnwelt, sondern auch Verstandesgegenstände und wird damit allerdings sinnlos.

Wenn wir also an diesem Beispiel anknüpfend die gesuchte Vorwirklichkeit als Welten des Wahns bezeichnen, so tun wir das, weil darin ihre Realität und Unwirklichkeit zugleich zum Ausdruck kommt: Ihre absolute Realität im eigenen Sinnbereich und ihre absolute Unwirklichkeit vor dem Forum des Verstandes. Außerdem kommt aber in dem Begriff des «Wahns» die ursprüngliche Beziehung zur Handlung, sowie das Verhältnis zur Verstandeswelt zum Ausdruck, das man mit einem labilen Gleichgewicht bezeichnen könnte: während der Blüte des Wahns hat dieser das absolute Übergewicht, und die Wirklichkeit des Verstandes versinkt. Aber der Wahn geht vorüber - auch das liegt ja im Begriff des «Wahns» - und damit versinkt seine Welt, und die Wirklichkeit des Verstandes taucht wieder auf.

Die einzige Schwierigkeit an diesem Begriff liegt darin, uns klarzumachen, dass Wahn und Wahnhandlung keine seltenen und krankhaften Ereignisse darstellen, sondern dass sich unser Leben im eigentlichen Sinne im Auftauchen und Wiederversinken des Wahns und seiner Welt vollzieht. Wir stehen aber heute derart unter dem Einfluss der exakten Naturwissenschaft und ihres Wirklichkeitsbegriffes, dass wir die Realität des Wahns nur noch in seltenen und ungewöhnlichen Situationen bemerken, und wir haben uns daran gewöhnt, darin etwas Krankhaftes oder doch zum mindesten Außergewöhnliches zu sehen. Darum verwendet der Sprachgebrauch diesen Begriff immer mehr nur noch für Fälle von psychiatrischen Charakter, ohne sich noch darüber im Klaren zu sein, dass das Psychiatrische daran nicht an den Wahn, sondern an der Besonderheit des speziellen Wahns liegt. Davon wollen wir aber hier ausdrücklich ab sehen und nur untersuchen, wie weit Wahn und Wahnhandlung innerhalb unseres normalen Lebens eine Rolle spielen.

Erst wenn wir dann wieder lernen, im Wahn kein seltenes und ungewöhnliches Ereignis, keinen Ausdruck des Krankhaften, sondern das Leben zu sehen, werden wir die Bedeutung des Wahns für unsere Welt richtig einschätzen lernen.
S.37 in Ernesto Grassi und Thure von Uexküll[+], Wirklichkeit als Geheimnis und Auftrag[+], Die Exaktheit der Naturwissenschaften und die philosophische Erfahrung, Verlag Karl Alber, Freiburg im Breisgau, 1945.

Realitätskontakt: Das Folgern und Projizieren des Äußeren auf die eigene Neurosenstruktur

Neurosenstrukturen, die man übrigens auch als Persönlichkeit bezeichnet, bilden sich durch Erziehung und Realitätskontakt, im Allgemeinen durch Sozialisation. Die Neurosenstruktur besteht ja aus Aussagen und Verknüpfungsregeln an die der Mensch bewusst oder unbewusst glaubt. Nehmen wir also an, wir haben eine Menge von wahren Aussagen $A_0$ und nehmen wir zusätzlich an, dass es einige als gültig/wahr definierte Verknüpfungsregeln $V$ gibt. Die Gültigkeit einer der Verknüpfungsregeln ist ja auch wieder eine Aussage, die wir als wahr annehmen. Man kann also Verknüpfungsregeln mit Aussagen gleichsetzen, wenn man jede Aussage wiederum als Regel betrachtet. Wenn wir also mit Hilfe der Verknüpfungsregeln Aussagen miteinander verknüpfen, kommen wir zu neuen Aussagen. Schreibweise: $$ A_1=V\circ A_0 $$ Die Gesamtmenge der Aussagen erweitert sich also um die neu hinzugewonnenen Aussagen: $$ A^1=\{A_1,A_0\}=\{V\circ A_0,A_0\} $$ Diese Erweiterung heißt logische Folgerung. Wenn die neuen Aussagen wieder mit den alten Verknüpfungsregeln verknüpfbar sind, kann man so induktiv immer weiter stricken (folgern) und die Aussagenmenge wächst[+]: $$ A^n=\{A_n,A_{n-1},\ldots,A_1,A_0\}=\{V^n\circ A_0,V^{n-1}\circ A_0,\ldots, V\circ A_0, A_0\} $$ Die so enstandene Aussagenmenge hängt also von den Verknüpfungsregeln und der anfänglichen Aussage ab. Im Grenzfall $n\rightarrow\infty$ erhält man eine selbstähnliche abzählbar unendlich große Aussagenmenge (ein Aussagenbaum/netz/strickwerk), als Funktion der anfänglichen Aussagemenge $A_0$ und der Verknüpfungsregeln $V$: $$ A(A_0,V)=\{\ldots, V^n\circ A_0,V_{n-1}\circ A_0,\ldots, V\circ A_0, A_0\} $$

Unscharfe Logik und Folgerung

So. Jetzt wird es wahrscheinlich für viele Menschen in unserem hochrationalisierten, „vernünftigen[+]“ System interessant. Zentral ist die Frage danach, ob es absolute Wahrheiten gibt. Eine philosophische Richtung, die diese Frage grundsätzlich verneint ist der Relativismus. Um beide Möglichkeiten[+], also die Existenz und die Nicht-Existenz von absolut wahren Aussagen in einem Formalismus beschreiben zu können, definiere ich als Symbol des Wahrscheinlichkeitsgrads, mit der eine Aussage wahr ist als $$ [0,1]\ni p_\text{wahr}(a)\equiv\text{Wahrscheinlichkeit, dass '}a\text{' wahr ist.} $$ Die betrachtete Aussage hat also einen unscharfen Wahrheitsgehalt (fuzzy Logik). Folglich gilt die folgende Zuordnung:

$p_\text{wahr}(a)$ Aussage $a$ ist...
$0$ absolut unwahr
$\in[0, 0.5]$ eher unwahr
$0.5$ weder wahr noch unwahr
$\in[0.5,1]$ eher wahr
$1$ absolut wahr
Tabelle zur Unterscheidung von zweiwertiger (bivalent) und beidwertiger (ambivalenter) Logik.

Präzise geht eine scharfe sogenannte boolsche Logik von nur zwei Wahrheitsgraden nämlich entweder wahr oder unwahr aus (Bivalenzprinzip, schwarz/weiß Logik). Implizit werden dadurch die Existenz von Aussagen die weder wahr noch unwahr sind ausgeschlossen, siehe den Satz vom ausgeschlossenen Dritten[+].

Wie unterscheiden sich nun also Aussagenmengen mit schwarz/weiß Logik und deren Wahrheitsgrad von solchen mit unscharfer Logik?

Dazu betrachte ich die Länge einer Aussagenkette also die Anzahl der Verknüpfungen die durchgeführt wurden. Bei einer scharfen Logik wird man am Ende der Kette wieder bei einer scharfen Aussage angelangen, die entweder wahr oder falsch ist.

Wie verhält es sich aber, wenn die Logik unscharf ist?

Nehmen wir dazu an, der Wahrheitsgrad aller Aussagen sei $$ p_\text{fast wahr}\lt 1. $$ Wie lang kann die logische Kette werden, bis eine Aussage entsteht, die weder wahr noch unwahr ist? Dazu muss gelten $$ p_\text{fast wahr}^{n_k}=\frac{1}{2}. $$ Daraus folgt für die Kettenlänge $n_k$: $$ n_k=-\frac{\log(2)}{\log(p_\text{fast wahr})}. $$ D.h. dass nach spätestens $n_k$ ($k$ für kritisch) Folgerungen (Verknüpfungen) keine Aussage mehr möglich ist. Über ähnliche Dinge haben sich die Mathematiker Gödel und Hilbert Gedanken gemacht und kommen auch für scharfe Logiken zu überraschenden Ergebnissen!

Was kann man daraus lernen?

Ich sollte nicht so viel und so lang reden. Die Wahrscheinlichkeit, dass mein gefolgerter Text von anderen als falsch angesehen wird, steigt mit der Textgröße (also der Anzahl der Folgerungen) und der Unschärfe der zugrundeliegenden Begriffsdefinitionen. Wenn Sie einem langen Text begegnen, achten Sie auf alle Unstimmigkeiten mit Ihrer eigenen Logik (logos heißt nämlich Sprache), sonst können Sie nicht folgen. Bemühen Sie sich die Bedeutung von den Wörtern, Zusammenhängen und Sätzen genau nachzuvollziehen. Wenn Sie wollen, benutzen Sie diesen Kommunikationsalgorithmus.

Bivalente, ambivalente und mehrwertige Logiken

Das gesamte „logische“ Denken beruht auf Spaltungen. Das fängt schon bei Begriffsdefinitionen an, denn jeder Begriff ist eine Reduktion eines komplexen Ganzen. Nur wenn sich einer die zugrunde liegende Reduktion des komplexen Ganzen bewußt machen kann, kann er zum ganzheitlichen Denken zurückfinden.

Dies ist jedoch nicht ungefährlich, denn jede Art von Hinterfragung bringt im Falle des Auffinden eines Widerspruchs einen Zusammenfall des Gedankengebäudes, welches auf Folgerungen des Hinterfragten beruht mit sich. So ist das konsequente Hinterfragen von Allem ein direkter Weg in eine Psychose, also die um sich greifende Erosion von vormals stabilen Denkmustern.

Hingegen verfestigt das Festhalten an der eigenen Weltanschauung das, was man als Neurosenstruktur / Persönlichkeit bezeichnet. Wird alles Neue in schon Bekanntes zerlegt und dann entsprechend einsortiert, ist es nicht verwunderlich, wenn man nichts Neues mehr findet.

Etwas Neues findet man nur, wenn der Reiz, dem man begegnet nicht einzuordnen ist. Die Achtsamkeit gegenüber allen Feinheiten, die nicht in das eigene Wahrnehmungsschema passen, fördert somit die eigene Entwicklung. Widerspruch und Hinterfragung führt zu Entwicklung.

Kreatives (schöpferisches) Denken ist gewissermaßen kontrollierter Wahnsinn und in etwa so etwas wie ein Balanceakt zwischen Psychose und Neurose. Die Psychose, die man sich zumutet, will wohl dosiert sein. Man sollte nicht gleich alles hinterfragen, man könnte sonst ein wenig zu viel - verrückt - werden und die Anhaftung zu seiner Persönlichkeit, also sich selbst verlieren.

Kreatives Denken ist wie Friedrich Nietzsches Balanceakt über das Drahtseil zwischen dem Tier und dem Übermenschen, es ist aber auch so wie Freuds „Ich“ zwischen dem „Es“ und dem „Über-Ich[+]“. Die Frage ist einzig und allein, welcher Weg der mittlere ist. Dies zu ergründen, darin sieht mancher den Sinn des Lebens.

Vernunft

Zu den modernen Mysterien gehört desweiteren der Begriff der Vernunft[+], zu dem es wohl nie eine absolut gültige Definition geben kann und wird. In Phaidon, dem Sterbeprotokoll des Sokrates in Dialogform, heißt es zur Vernunft[+]:

Sokrates: Wenn die Seele aber ohne die Sinne etwas aus sich heraus wahrnimmt, dann gelangt sie zu dem Reinen, Unvergänglichen und Beständigen, dem sie verwandt ist und zu dem sie immer in Beziehung steht. Wenn es ihr vergönnt ist, so bei sich selbst zu sein, dann ruht sie frei von Irrtum in sich. Indem sie Unvergängliches berührt ist auch sie immer sich selbst gleich. Bezeichnet man diesen ihren Zustand nicht eben als Vernünftigkeit?
Sokrates zufolge ist Vernünftigkeit ein Zustand, bei dem die Seele im Kontakt mit etwas Reinem, Unvergänglichem und Ewigem ist, das dem Körperlichen transzendent und frei von seinen Anhaftungen und fleischlichen Färbungen ist. Absolute Wahrheit ist genau von dieser ewigen unvergänglichen Qualität. "Vernunft[+] haben" ist dementsprechend die Fähigkeit, von sich aus einen Zugang zu dieser absoluten Wahrheit zu finden.

Im Laufe des Buches wird man es mit der Formulierung und Anwendung unterschiedlicher Vernunftbegriffe[+] zu tun haben, die alle vom subjektiven Verstehen und Wissen abhängig sind. Die Verständigung über die absolute Vernunft[+] ist der Kern des gesellschaftlichen Diskurses. Der Kampf um „die“ Vernunft[+] ist aufgrund der Subjektivität immer auch ein Kampf um den (jeweils eigenen) Sinn des Seins.

Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache führt zu Vernunft[+] auf:

Vernunft[+] f. ‘geistiges Vermögen, Zusammenhänge zu erkennen, zu beurteilen und sich dementsprechend sinnvoll und zweckmäßig zu verhalten, Verstand, Einsicht’. Das nur im Dt. begegnende Substantiv ahd. firnumft (9. Jh.), firnunst (10. Jh.), mhd. vernu(n)ft, vernu(n)st ‘Tätigkeit des Vernehmens, Hörens, Begreifens, sinnliche Wahrnehmung, Verständnis, Einsicht, Klugheit’, mnd. vornu(n)ft, vornumst, vornumpst (mnl. vernu(n)ft, vernonft, nl. vernuft, dän. fornuft, schwed. förnuft aus dem Mnd. entlehnt) ist eine Abstraktbildung zu dem unter nehmen (s. d.) behandelten Präfixverb vernehmen in dessen alter Bedeutung ‘erfassen, begreifen’, bezeichnet also ‘das richtige Auffassen, Begreifen, Aufnehmen’. Doch schon im Ahd. ist die heutige Bedeutung weitgehend (bes. durch Notker) ausgebildet. Zwischen dem Wurzelauslaut m (assimiliert n) und dem ti- Suffix entwickelt sich ein Gleitlaut p bzw. s oder f (wie bei Brunft, s. d., und Kunft, s. kommen). – Unvernunft f. ‘Mangel an Vernunft[+], Torheit’, ahd. unfirnunst (um 1000), mhd. unvernunst, unvernunft ‘Unverstand, Unkenntnis’, mnd. unvornuft. vernünftig[+] Adj. ‘Vernunft[+] besitzend, auf Vernunft[+] gegründet, einsichtig, besonnen, verständig, sinnvoll’, ahd. firnunstig ‘verständig, kundig, verständlich’ (9. Jh.), mhd. vernünftic, vernunftic, vernunstic; unvernünftig[+] Adj. ‘vernunftwidrig, töricht’, ahd. unfirnunstig (um 1000), mhd. unvernunftic, unvernumftic.
Jede Art von Vernunft[+], die sich im Allgemeinen auf das Verhalten bezieht, enthält so etwas wie eine logische Folgerung oder auch einen kausalen[+] Zusammenhang (siehe Begriff des Kausalnexus[+]). Eine Folgerung kann schon im bloßen Wissen über einfache wenn-dann-Zusammenhänge bestehen. Wenn-dann-Zusammenhänge sind kausale[+] Relationen. Der „wenn“-Teil der Relation ist Teil der Ursache[+], oder Vorbedingung und der „dann“ Teil ist Wirkung oder Folgerung. Vernunft[+] besteht also auch in der Kenntnis kausaler[+] Zusammenhänge und/oder der Fähigkeit diese durch Folgerung zu erfassen, denn Kausalität[+] ist ein Begriff mit Absolutheitsanspruch.

Komplexe kausale[+] Relationen haben also die Eigenschaft der Verzweigung der Wirkungen und des Entstehens von neuen Ursachen[+] aus den Wirkungen. Ein wesentlicher notwendiger Teil der Vernunft[+] ist die Fähigkeit, diese Kausalitäten[+] zu (er)kennen.

Es reicht jedoch nicht aus, zu verstehen, wohin etwas führt. Der zweite notwendige Teil der Vernunft[+] ist die Fähigkeit der Bewertung von Wirkungen mit den eigenen Sinnen. Der Sinn der Wirkung ist eine emotionale Bewertung, die subjektiv ist. Die Frage, ob etwas vernünftig[+] ist, kann einem niemand abnehmen. Man muss es selbst einordnen, denn beim Einsetzen der Wirkung zählt nur der eigene Sinn.

Im Allgemeinen liegt die Wirkung einer Handlung in der Zukunft. Im besten Fall ist die Bewertung der Wirkung aus erlernten Kausalzusammenhängen in der Vergangenheit übertragbar. In Grenzbereichen des Wissens und der Erkenntnis sucht der vernünftige[+] Mensch nach Analogien[+], um die Ausgänge von bestimmten Handlungen einschätzen zu können.

Analogie[+] f. ‘Entsprechung, Ähnlichkeit, Gleichheit von Verhältnissen’, entlehnt (1. Hälfte 16. Jh.) aus lat. analogia, griech. analogía ‘entsprechendes, richtiges Verhältnis, Übereinstimmung’ (gebildet zum Adjektiv griech. análogos, s. unten); neben frühen Formen wie Analogy, Analogi anfangs vor allem in griech.-lat. Form Analogia (bis Mitte 17. Jh.). Zum Substantiv bildet sich die Wissenschaftssprache analogisch Adj. ‘entsprechend, ähnlich, sinngemäß’ und, unter dem Einfluß von frz. analogue, gleichbed. analog Adj. (beide Mitte 18. Jh.), die durch lat. analogos, griech. análogos, entstanden aus der häufigen präpositionalen Wendung aná lógon ‘dem richtigen Verhältnis entsprechend’, zu griech. lógos, hier im Sinne von ‘Berechnung, Verhältnis’ (s. Logarithmus und Logik) und die Weiterbildung analogikós, spätlat. analogicus gestützt werden.
Das Wort Analogie[+] bedeutet ähnlich oder sprachlich erfassbar wie. In Grenzbereichen hilft bei der Bewertung einer Wirkung also die Bewertung von Wirkungen ähnlicher Kausalzusammenhänge in der Vergangenheit. Das Zutreffen der Bewertung hängt dann an der Übertragbarkeit des Kausalzusammenhangs.

Unvernunft, Irrationalität und Wiederholungszwang

Der wohl schwierigste und letztendlich hinreichende Teil der Vernunft[+] ist die Praxis. Am besten tut man einfach das, was vernünftig[+] ist, doch das ist oft leichter gesagt, als getan. Viele Menschen haben ein sehr tief sitzendes Sicherheitsbedürfnis. Sie haben Angst[+], den Rahmen des Bekannten zu verlassen und einen Raum zu betreten, den sie nicht kennen. Oft wird nicht das Vernünftige getan, weil dann eine Situation entsteht, die unbekannt ist.

Die pathologische Form dieses unvernünftigen[+] Verhaltens ist der sogenannte Wiederholungszwang, der dazu dient, immer wieder eine Situation herzustellen, die man schon kennt die aber als negativ empfunden wird. Der Wiederholungszwang ist ein seelischer Abwehrvorgang, der Sicherheit vermitteln soll. In bekannten Räumen gelten bekannte Kausalzusammenhänge von denen man folgern kann. In unbekannten Gebieten gelten unbekannte Gesetze möchte man meinen, doch wer keinen Schritt in ein unbekanntes Gebiet setzt, obwohl die Vernunft[+] den Weg dorthin weist, der wird auch nicht die Wirkung erleben.

Der Wiederholungszwang ist ein wesentlicher Teil des wohl stärksten inner-seelischen Prozesses, nämlich der Aufrechterhaltung der in diesem Abschnitt eingangs erwähnten eigenen Wirklichkeitsauffassung. Die eigene Wirklichkeitsauffassung ist der wesentliche Teil der Persönlichkeit, die man ja behalten will. Nur selten will sich jemand selbst verlieren. Wenn vernünftiges[+] Handeln bedeutet, etwas an seiner Wirklichkeitsauffassung also seiner Persönlichkeit zu ändern, bzw. den eigenen Glaubensgrundsätzen entgegen (irrational) zu handeln, fällt es in der Regel besonders schwer.

Sich selbst und die als wahr empfundenen Aussagen zu hinterfragen, kann für jemanden, der Sicherheit braucht geradezu traumatisch sein, wenn alles Unbekannte als Gefahr empfunden wird. In extremen Fällen helfen wohl nur kleine Schritte in die vernünftige[+] Richtung. Bei jedem Schritt wird sich neu orientiert und das Wahrgenommene eingeordnet, wie auf einer Erkundungstour in unbekannte Welten.

Das Bivalenzprinzip und die subjektive Vernunft

Gegenwärtiges vernünftiges[+] Verhalten dient der Abwehr eines negativ imaginierten Ereignisses in der Zukunft. Die Bewertung des Ereignisses ergibt sich aus der bewussten und/oder unbewussten Reflektion der Erfahrungen der Vergangenheit und ist letztendlich eine Projektion (oder auch Übertragung) von bekanntem Wissen auf eine unbekannte Situation. Durch die Projektion wird die unbekannte Situation, die sich in Sinnesreizen darstellt und in die Neurosenstruktur bzw. die Weltanschauung eingeordnet bzw. darauf (wie in der Optik) abgebildet wird.

Subjektive Vernunft
Vernünftige Mittel[+] haben einen kleineren Wert als der damit zugänglich gewordene Zweck[+].
Der Identifikationsvorgang des gegenwärtigen Reizes mit den Sinnesreizen und den damit assoziierten Emotionen einer vergangenen Situation geschieht im Gehirn automatisch. Entsteht als Bewertung der Situation eine Angst[+], so wird das Eintreten des als schlecht projizierten Ereignisses mit einer entsprechenden subjektiv vernünftigen[+] Handlung abgewehrt. Das auf diese Weise entstandene Verhalten ist eine Regel oder auch ein Wert und ist Teil der Über-Ich[+] Strukturen.

Zu jeder Regel gibt es nach dem Bivalenzprinzip eine „Anti-Regel“ oder auch negative Regel. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das weder-noch Verhalten oder das sowohl-also-auch Verhalten in Bezug auf die Regel eine Mischform oder Unregelmäßigkeit darstellt, die genau in solchen Situationen interessant (lat. interesse dazwischen sein, Existenz des Dritten, oder eines Kindes im Sinne der Dreifaltigkeit) wird, in denen die Einhaltung entweder der positiven oder der negativen Regel erkennbar (projiziert) schlechte Auswirkungen haben wird. Hier bleibe ich jedoch zunächst bei der Regel und seinem Negativum (Bivalenzprinzip).

Betrachtet man z.B. die 10 Gebote, die Moses[+] von Gott empfing, so kann man diese Regeln ins logisch dazu Negative verkehren indem man das Adverb nicht in die positive Regel einfügt oder, wenn es sich in dem Satz der Regel befindet entfernt. Wird dann das Verhalten nach diesen neuen Regeln ausgerichtet, kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass das Resultat ein völlig anderes sein wird. Im Grunde ist äußerst interessant darüber nachzudenken, welche neuen Regel, die nicht die alten (positiven) Regeln sind erhoben werden müssen. Diese neuen Regeln und vor allem ihre Negativa sind bezüglich der ursprünglichen Regeln von besonderem Interesse.

Niklas Luhmann zur Logik der Welt

Zitat aus Niklas Luhmann[+], Soziale Systeme - Grundriss einer allgemeinen Theorie[1, Kapitel 5, Abschnitt VIII, S. 283-285]:

Wir setzen den Weltbegriff hier als Begriff für die Sinneinheit der Differenz von System und Umwelt ein und benutzen ihn damit als differenzlosen Letztbegriff.
[...]
Ursprünglich[+] und phänomenologisch erfasst ist die Welt als unfassbare Einheit gegeben. Durch Systembildung und relativ auf Systembildung wird sie bestimmbar als Einheit einer Differenz.
[...]
Welt in diesem Sinne wird also durch die Ausdifferenzierung von Sinnsystemen, durch die Differenz von System und Umwelt konstituiert. Insofern ist sie (anders als die phänomenal gegebene Welt) nichts Ursprüngliches[+], nichts Archehaftes, sie ist eine Abschlusseinheit als Anschlussvorstellung an eine Differenz. Sie ist Welt nach dem Sündenfall[+].
[...]
Es ist daran zu erinnern, dass jedes Entweder/Oder künstlich eingeführt werden muss über einem Untergrund, auf den es nicht zutrifft. Jede Differenz ist eine sich-oktroyierende Differenz. Sie gewinnt ihre Operationsfähigkeit, ihre Fähigkeit, Informationsgewinn zu stimulieren, durch Ausschluss dritter Möglichkeiten[+]. Die klassische Logik folgt diesem Prinzip. Die Weltlogik kann dagegen nur eine Logik des eingeschlossenen ausgeschlossenen Dritten sein.

Zu diesem Zitat sind folgende Anmerkungen zu machen.

Sinnsysteme können fast synonym zu Zwecksystemen[+] (im sog. Mittel[+]-Zweck[+]-Schema) betrachtet werden. Zwecke[+] sind beispielsweise die Ziele von Unternehmungen, Unternehmungen sind zweckdienliche Mittel[+].

Mit klassischer Logik ist zweifelsohne das Bivalenzprinzip gemeint. Die klassische Logik hatte Anfang des 20. Jahrhunderts angesichts der Beobachtung und Beschreibung der kleinsten Dinge, die diese Welt zusammenhalten, die (sub-)atomaren Teilchen, die sowohl/weder Teilchen als auch/noch Welle, mit teils diametral verschiedenen, paradoxen, widersprüchlichen Eigenschaften zu sein scheinen, einen kolossalen Zusammenbruch. Aus den Trümmern der klassischen Logik, die sich in der Physik im „Denkmodell“ der klassischen Mechanik niedergeschlagen hatte, wuchs durch die Arbeiten[+] von Erwin Schrödinger[+], Werner Heisenberg und Paul Dirac in widerspruchsfreier Kontingenz (Schrödinger-Bild, Heisenberg-Bild, Dirac-Bild die (Philosophie der) Qantenmechanik, die auf dem Grundprinzip der Einbeziehung des Beobachters in den Messvorgang beruht und die Wirkung der Beobachtung in die Beschreibung der Dynamik des Systems einbezieht.

Auf den Zusammenbruch der klassischen Sichtweise folgte in der Physik also ein demokratischer Neubeginn. Die Auswirkungen der Philosophie der Quantenmechanik[+], die die klassische Logik als Grenzfall enthält, sind v.a. in den Geisteswissenschaften noch unzureichend verstanden. Angesichts der Aussagen Luhmanns[+] scheint sich jedoch auch hier ein Bewusstsein für den unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der „alten Logik“ zu bilden.

Ende der Bezahlwand

Referenzen / Einzelnachweise

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Querverweise auf 'Logik, Vernunft und Irrationalität'

Tim Deutschmann

USt-IdNr.: DE342866832

E-mail: autor@tim-deutschmann.de

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