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12. September 2020

Aus einer Unterhaltung über die Entwicklung der Selbstständigenquote unter einer Negativzins-Ökonomie

Auf Facebook stellte ich den folgenden Beitrag in meine Chronik:

Ich: „90% der Erwerbstätigen sind nicht selbständig beschäftigt. Wenn Menschen solange geführt werden, dann verlieren sie den Mut zur Initiative und dazu, ihrer Spontaneität Handlungsspielraum zu verleihen.
Diese sehr schiefe Selbstständigenquote ist durch den Kapitalismus[+] entstanden.
Der Kapitalismus[+] ist nun aber auf absehbare Zeit[+] stillgelegt (der kapitalistische Zinsmechanismus ruht) und kehrt sich gerade in sein logisches Gegenteil um (die Zinsen auf Guthaben und bei Krediten werden negativ).
Ich erwarte, dass es daher auf die Selbständigenquote einen Druck geben wird, so dass der Anteil der Selbstständigen an den Erwerbstätigen steigt.
Die große Aufgabe gerade von Coaches und Motivatoren ist es, den Menschen Mut zu machen eine wirtschaftliche Existenz zu gründen, die selbstbestimmt ist.”

Ich gebe hier nun einen Teil der Unterhaltung mit einem Kollegen wider, die sich darauf entwickelt hat. Um das Urheberrecht[+] meines Kontrahenten zu schützen, gebe ich seine Aussagen in indirekter Rede wider.

Beginn der Bezahlwand

XY sagt, dass die schlechte Quote nicht durch den Kapitalismus[+] entstanden sei, sondern durch die Überregulierung des Staates, der das Unternehmertum an allen Ecken und Enden daran hindere den Markt schnell und problemlos zu betreten und seine Unternehmung selbstbestimmt zu führen.
XY, selbst wenn man es auf diese Weise ausdrückt, bleibt immer noch der Kapitalismus[+] der Grund für die Situation, denn auch den Staat gibt es nur, weil es den Kapitalismus[+] gibt. Die Märkte sind im Kapitalismus[+] eben nicht frei. Der Zins stört die Preisbildung, sodass der Staat die Privatautonomie[+] der schwächeren Kontrahenten schützen muss. Hierbei geht es mir insbesondere um den Markt für Arbeit[+] und Dienstleistungen. Der Kapitalismus[+] verursacht Kontrahierungszwänge[+] (Begriff des Kontrahierungszwangs). Menschen sind existenziell dazu gezwungen Verträge einzugehen, mit deren Inhalt sie nicht einverstanden sind. Eine Theorie, die von einem freien Markt ausgeht, findet erst in einer antikapitalistischen Ökonomie[+] seine Anwendung und Berechtigung, nicht jedoch im Kapitalismus[+].

XY rät mir, mich mit der grundsätzlichen Definition von Kapitalismus[+] nochmal auseinandersetzen. Der Kapitalismus[+] werde unterschiedlich charakterisiert; er sei bestimmt:
(1) Durch das Privateigentum an den Produktionsmitteln, verstanden als gesellschaftliches Verhältnis, das den Kapitalisten die unentgeltliche Aneignung der durch die arbeitenden Nichteigentümer hervorgebrachten Wertschöpfung ermögliche (Marxismus[+]);
(2) durch das Vorherrschen der „kapitalistischen” Gesinnung, d.h. Erwerbsprinzip, Rationalität und Individualismus (Sombart), bzw. durch die rationale Arbeitsorganisation[+] zur Gewinnerzielung auf Basis eines formalisierten Rechnungskalküls (Weber);
(3) durch das Vorherrschen von Großbetrieben (Knapp);
(4) durch die Dominanz des freien und dynamischen Unternehmertums (Schumpeter[+])."
Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon.
In keinster Weise gehe es hier um staatliche Macht- und Steuerungsmechanismen und von eben diesen ausgehende zentralisierte Geldschöpfungsmonopole[+] und all deren negative Auswirkungen. Es gehe lediglich um die Prinzipien des Privateigentums an Produktionsmitteln, Individualismus und Freiheit[+], die in einer dezentralen Marktwirtschaft[+] zum Ausdruck kämen.
Es sei wie im Gabler Wirtschaftslexikon beschrieben: "Eine wissenschaftliche Betrachtung ist leichter möglich, wenn die wertenden Begriffe Kapitalismus[+] und Sozialismus[+] ersetzt werden durch wertfreie Bezeichnung wie Marktwirtschaft[+] und zentralgeleitete Wirtschaft. An die Stelle der Ableitung vermeintlich zwangsläufiger Entwicklungsstufen kann dann eine ordnungstheoretische Analyse der Gestaltbarkeit des Wirtschaftsprozesses treten.
Die Marktwirtschaft[+] sei als Konzept vom Staat unabhängig, der Staat (bzw. diejenigen die ihn kontrollieren) zwinge jedoch der Marktwirtschaft[+] seine Steuerungsfantasien auf. Ohne den Einfluss des Staates (ebenso jegliche andere Form des Gewaltmonopols) wären die Märkte im Kapitalismus[+] sehr wohl frei.
Die grundlegende Aufgabe des Staates sei schwer zu definieren, je nachdem welche Ergebnisse man von ihm erwartet. Der kleinstmögliche Staat in einer freien Gesellschaft, so wie er wohl am Anfang seiner Entwicklung in den USA war, hätte lediglich die Aufgabe gehabt seine Bürger vor physischen[+] Gefahren von außen und die persönlichen individuellen Rechte[+] der Bürger innerhalb des Staatsgebietes zu schützen.
Er verweist mich auf einen seiner Meinung nach hervoragenden Vortrag von Milton Friedman zu diesem Thema:
XY stellt für sich fest, dass, da die Marktwirtschaft[+] ohne staatliche Organisation oder Kontrolle auskomme, davon auszugehen sei, dass sie bereits vor der Gründung des ersten Staates vorhanden war, selbst im Steinzeitalter, denn das Prinzip dahinter ist universell.
Daraufhin füge ich meine Definition des Kapitalismus[+] hinzu, mein treues Arbeitspferd[+], und ergänze es mit einigen Seiten aus Joseph Schumpeters[+] Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung[+] von 1912.


Aus Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung[+].

Der heutige Kapitalismus[+] hat also per se nichts (mehr) mit dem Staat zu tun. Der Staat ist jedoch notwendig, um den Kapitalismus[+] zu kontrollieren und sozialverträglich zu gestalten (Prinzip der sozialen Marktwirtschaft[+]). Ich danke Dir für Deine Arbeit[+], die Definitionen herausgekramt zu haben, XY!

Hier differenziere ich

  1. Neoliberalismus[+]
  2. Marktwirtschaft[+] und
  3. Kapitalismus[+].
Das ist nämlich dringend notwendig, damit die Marktwirtschaft[+] überlebt und wir nicht in einen neuen Sozialismus[+] kommen. Ich lehne jede Art von Zentralverwaltungswirtschaft[+] strikt ab (Begründung u.a. am 26.01.2018, 15.11.2019 und am 13.12.2019)! Als Nächstes folgt ein längerer Kommentar von XY, den ich Satz für Satz auseinandernehme.

XY meint, dass ich mich zu sehr auf das Thema Zinsen fokussiere.
Ja, das ist mein Berufsthema. Ich erforsche seit über 5 Jahren die Wirkung des Zinsvorzeichens.

Er habe sich früher auch damit beschäftigt und es als etwas Negatives empfunden, sei auch der Meinung gewesen, dass ein Negativzins das Problem lösen wird.
Das hört sich gut an.

Dann fragt XY, wer freiwillig ein Tauschmittel oder Wertaufbewahrungsmittel nutzen würde, welches seinen Wert vergleichsweise schnell verliert, wenn es eine Alternative gibt, welche seinen Eigeninteressen dienlicher ist.
Das ist eine sehr wichtige Frage. Du unterstellst dabei, dass der Wertverlust des Eigentums etwas ist, das dem Eigeninteresse entgegensteht. Ich denke jedoch, dass das ureigene Interesse von Lebewesen woanders liegt, nämlich im Leben selbst und nicht in seiner materiellen Bedingung. Man kann Geld nicht essen, es kann nicht Familie, Freunde und eine gesunde Gesellschaft ersetzen. Das Eigentum[+] schützt letztlich auch nicht vor Krankheit oder vor dem Tod. Ich denke, dass der Akkumulationswahn[+] und die Anbetung des Geldes schwinden wird, wenn erst einmal eine Generation unter einer Negativzins-Ökonomie[+] gelebt und begriffen hat, dass darin der Götze nicht mehr das geltende Tote[+] (das Eigentum[+], das Kapital) ist, sondern das Leben!

XY fügt hinzu, dass man dabei auch keine moralischen Vergehen begehen müsse, der Positivzins funktioniere gewaltfrei und ohne Zwang[+] (außer dem Zwang[+] der Einhaltung eines Vertrags, dem man zuvor freiwillig und ohne Androhung von Gewalt zugestimmt hat).
Das ist ein schwerer Irrtum. Ich will genau begründen warum. Rechtlich[+] betrachtet ist eine berechtigte Forderung des Gläubigers ein Zwang[+] des Schuldners die Schuld zu tilgen. Auf welche Weise er tilgt, bleibt dem Schuldner überlassen, doch er ist zum Tilgen gezwungen. Die Gesamtheit der Sparer erzeugt also bei positivem Zins Forderungen gegenüber der Gesamtheit der Darlehens- und Kreditnehmer und der Emittenten von Obligationen[+] und Anleihen[+] incl. des Staates.
Die Zinsforderungen erzeugen den Zwangscharakter[+] jeder kapitalistischen Ökonomie[+]. Unter diesem Zwang[+], der sich in allen möglichen Einschränkungen der Privatautonomie[+] darstellt, steht dabei die Gruppe der ökonomisch Schwachen, während umgekehrt die zukünftige Privatautonomie[+] der Gläubiger und der ökonomisch Starken im Moment des Abschlusses eines Spar- oder Anlagevertrags bei eingehaltenen Verträgen steigt!
Wie schon erwähnt, ist die gravierendste Einschränkung der Privatautonomie[+] der ökonomisch Schwachen in Vertragsabschlusszwängen und mangelnder Vertragsinhalts- und -beendigungsfreiheit dargestellt. Die ökonomisch Schwachen können sich oft nicht aussuchen, ob sie einen Vertrag unterschreiben, haben nur wenig oder gar keinen Einfluss auf den Inhalt (Preis, z.B. der Preis der Arbeit[+]) oder können ihn nicht einfach beenden. Das Sparen ist hingegen insbesondere bei großen Vermögen ein freiwilliger Akt, der durch den positiven Zins belohnt wird! Bevor ich mich wiederhole, verweise ich auf diesen Artikel von mir, in dem ich das genauer auseinandernehme.

XY stellt fest, dass das Zinsnehmen nach marktwirtschaftlichen[+] Prinzipien funktioniere, Nachfrage und Angebot würden den Preis bilden. Der Zins sei eine Form von Preis.
Der positive Zins ist der Preis der Verfügung über fremdes Kapital, ja, genauso wie der Negativzins der Preis für die Verwahrung des eigenen Kapitals durch Fremde ist. Beide Preise bilden sich an Märkten, doch weder ist die Nachfrageseite bei positivem Zins frei, also die Seite der Kreditnehmer, noch die Nachfrageseite bei negativem Zins, also die Seite der Sparer, die unter einem Kontrahierungszwang[+] stehen, weil sie gezwungen sind Aufbewahrer „ihres” Geldes zu finden, die weniger Zins nehmen als ihre Bank[+].

XY unterscheidet und sagt, dass der Preis teil der Marktwirtschaft[+] und somit des Kapitalismus[+] sei, korrekt, dass aber der Zins allein den Kapitalismus[+] nicht ausmache.
Hier muss ich widersprechen. Der Kapitalismus[+] ist Teil der Markwirtschaft, nicht umgekehrt, und der Zinsmechanismus ist (nicht allein laut Schumpeter[+]) das Wesentliche des Kapitalismus[+]. Wirtschaft besteht aus der Leihwirtschaft incl. der Finanzwirtschaft und der Realwirtschaft. Der Kapitalismus[+] ist die Leihwirtschaft selbst, nicht aber die Realwirtschaft.
Die gesamte Wirtschaft ist in Leihwirtschaft und Realwirtschaft unterteilt. Leihwirtschaft zerfällt in die Finanzwirtschaft, die unter der Kontrolle von Geldpolitik[+] steht und in den Handel mit Verfügungsrechten an den Sachen, die nicht Geld sind. Politik, als ein Teil der Ökonomie[+], macht Gesetze für das Ganze, während Geldpolitik[+] direkt die Dynamik der Finanzpolitik und indirekt die übrige Leihwirtschaft und die Finanzierungsbedingungen, das Milieu der Realwirtschaft steuert und die Konjunktur[+] (mitbestimmt). Kapitalismus[+] ist Leihwirtschaft bei positivem Zins, jedoch kein Teil der Realwirtschaft.

XY stellt allgemein fest, dass er, wenn er das Eigentum[+] eines anderen nutzen möchte, da dieser [andere] auf den Konsum seines von Natur aus vergänglichen Eigentums (Produktionsmittel inbegriffen) verzichtet und es gegen Entlohnung anderen zur Verfügung stellt, dann dafür einen Preis (Zins ist auch ein Preis) in einem Vertrag mit ihm vereinbaren könne.
Ja. Kapitalismus[+] ist Handel mit Verfügungsrechten an Sachen. Im Kapitalismus[+] ist jedoch die Vetragsinhaltsfreiheit bestenfalls nur einseitig gegeben, denn i.d.R. sind Leihnehmer existenziell dazu gezwungen Vertragsinhalte zu akzeptieren, die sie eigentlich nicht akzeptieren wollen, siehe auch Zins und Preisbildung.

XY ergänzt, dass der Zins der Preis für Konsumverzicht an Gütern sei, die entweder in Form von Gütern oder von Tauschmitteln wie Geld vorlägen, und dass dieser dann [nach Rückgabe der Sache samt Zins] wieder in Güter verwandelt werden könne. Dieser Preis werde sich am Markt anpassen, da der Endkonsument sich zwischen vielen Anbietern und deren Preisen entscheiden könne.
Wie oben näher begründet, gibt es im Kapitalismus[+] keine freien Märkte. Die Kontrahentenwahlfreiheit als Teil der Privatautonomie[+] ist im Kapitalismus[+] eingeschränkt, wie auch in diesem Artikel über den Zins und das Gleichgewicht der Bestimmung ausgeführt. Man kann den Zins sicher als „Nutzungs-” und „Besitzverzichtsprämie[+]” betrachten. Doch wenn einer so viel hat, dass er es gar nicht mehr physisch[+] nutzen und besitzen kann, dann darf er dafür auch keine (Liquiditäts-) Verzichtsprämie fordern. Tut er es dennoch, ist der Zweck[+] seines Handelns nicht Besitz[+] und Nutzung, sondern Ausübung von Macht und Vermehrung künftiger Handlungsmöglichkeiten. Letzteres geht aber auch anders, wenn das Ziel nicht die Vermehrung des geltenden Toten[+] ist, sondern der Schutz des Lebens. Die Verfügung über Geld ist bisher nur ökonomische Bedingung von Handlung gewesen. Das Geld und sein Wachstum[+] darf aber niemals Zweck[+] an sich, sondern darf immer nur Mittel[+] zum Schutz der Würde des Lebens sein. Man könnte die Krankheit des Kapitalismus[+] daher auch so definieren und benennen:
Kapitalismus[+] besteht, wenn das Geld mehr Zweck[+] ist als Mittel[+]!

XY fügt weiter hinzu, dass der Zins in allen Formen existieren könne, auch in Naturalien, dass wir ihn jedoch fast nur noch in Form von Geld kennen würden. Geld sei jedoch zentral reguliert und vom Staat gesteuert, alternative Zahlungsmittel seien am Markt verboten, weil sie nicht so leicht reguliert werden können.
Im ersten Teil spricht XY den Naturalzins an. Im Feudalismus hatte das Zehnt üblicherweise diese Naturalform. Ich stimme entschieden darin zu, dass alle Währungen von der Zentralbank[+], also vom Staat, kontrolliert und reguliert werden müssen. Ich plädiere auch für die Besteuerung des Eigentums an Edelmetallen!

Am Ende heiße dies, dass der Zins in einem freien Markt ohne staatliche Regulierung einen Preis darstelle, welcher dort verglichen, verhandelt und vertraglich festgehalten werden könne. Der günstigste Anbieter erhalte vom Konsumenten den Zuschlag.
Ja. Das gilt alles auch für den Negativzins, bei dem dann allerdings die Rollen von Anbieter und Nachfrager vertauscht sind: Die Leihgeber treten bei negativem Zins als Nachfrager und die Leihnehmer als Anbieter von Aufbewahrung der Leihsache auf. Der Negativzins bildet sich am Markt sonst aber nach den gleichen Mechanismen wie der positive Zins.

Da ist Heulen und Zähneklappern.

XY beklagt, dass der künstliche Eingriff des Staates hingegen den Preis verzerren und für viele der Probleme sorgen würde, die mit dem Zins assoziiert werden.
Richtig. Die gegenwärtige Geldpolitik[+] (das APP und die negative Einlagefazilität[+]) verstärkt mit ihrer Negativzins-Geldpolitik[+] die sich durch das Geldmengenwachstum[+] ohnehin vollziehende Erhöhung des Angebotes von Geld am Geldmarkt. Im Speziellen bewirken so die Negativzinsen auf Guthaben ein Absinken der Kreditzinsen nach der normalen Marktmechanik. Die sich ohne diese Geldpolitik[+] ohnehin vollziehende Entwicklung ist bekannt unter dem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate[+] (u.a. Marx[+], Schumpeter[+]) und dem Begriff Sparschwemme[+] (u.a. Bernanke, Weizsäcker et al).

Darüberhinaus gehende negative persönliche Schicksale würden auf schlechter Bildung, mangelnder Vergleichsmöglichkeit und fehlender Voraussicht beim Endkonsumenten beruhen.
Das ist nur eingeschränkt richtig. Man kann und darf den relativ armen Menschen nicht allein die Schuld an ihrem Schicksal geben. Vielmehr ist ihre Lebenswirklichkeit unterschwellig geprägt vom Abfließen des Zinses und also von der Knappheit des Geldes und der Einschränkung ihrer ökonomischen Möglichkeiten[+]. Ihnen werden auf diese Weise Chancen geraubt (der oben erwähnt Zwangscharakter[+] der kapitalistischen Ökonomie[+], denn Zwänge[+] sind immer Einschränkungen von Möglichkeiten[+]) und sie werden systematisch am Aufstieg gehindert. Das deckt sich auch mit den Fakten der Armutsberichte, in denen es immer wieder heißt:
Wer im Kapitalismus[+] unten ist, der bleibt in der Regel unten.
Ich habe hier eine einfache Simulation programmiert, anhand der man die Dynamik des „Gesellschaftsspiels Kapitalismus[+]“ nachvollziehen kann. Man versteht, warum armen Menschen die Chancen genommen werden. Der Aufstieg kann in einer geschlossenen Volkswirtschaft bei positivem Zins mathematisch betrachtet nur Einzelnen gelingen, nicht jedoch breiten Schichten (Simulation). Man kennt das alles von Monopoly.

XY sehe daher keine Not, die menschliche Selbstbestimmung durch den Staat einzuschränken, er [der Staat] müsse den Kapitalismus[+] nicht kontrollieren, um "sozialveträglich" zu sein (außer die Freiheits[+]- und Eigentumsrechte[+] der Bürger).“
Die Diskussion über die Einschränkung der Freiheit[+] (v.a. der Vertragsfreiheit und der freien Verfügung über Eigentum[+] als Teils Privatautonomie[+]) nach Maßgabe „objektiver” Gerechtigkeitskriterien ist wohl der tausende Jahre alte rechtsphilosophische Dauerbrenner, der besonders in den Krisenphasen des kapitalistischen Prozesses immer wieder an die Oberfläche des politischen Diskurses drängt. Man darf jedoch niemals Gerechtigkeit und Freiheit[+] gegeneinander ausspielen, sondern man muss fragen, warum sich die Kollision dieser fundamentalen Rechtsgüter[+] tendenziell immer weiter bis zur „Entladung” (Zerreißen der sozialen Kohäsion, Zerbruch des innergesellschaftlichen Friedens, Revolution, Bürgerkrieg, etc.) verstärkt. Die Ursache[+] ist bekanntermaßen die wachsende[+] Ungleichheit, also der Zinsmechanismus. Ich habe das hier noch etwas deutlicher ausformuliert.

Der Kapitalismus[+] ist ein alleiniges Phänomen der Privatwirtschaft. Er erscheint nicht nur im Verkauf von Verfügungsrechten[+] an Geld, sondern auch in der Vermietung und Verpachtung, im Handel mit Lizenzen, mit anderen Nutzungsrechten und Verfügungsrechten[+] im Allgemeinen. Die dazugehörigen Institutionen sind die Geschäftsbanken[+] der Finanz„wirtschaft“, der Miet- und Pachtmarkt und die Vermögensverwaltung (Umverteilungskern des Kapitalismus. Der Staat hingegen wird betrieben auf der Basis der Besteuerung von Eigentumsänderungen[+] (Vermögensänderungen, Einkommen). Der Staat erhebt aber eben keine Steuern auf Vermögen, denn das stünde im Widerspruch zum Zinsnehmen.
Die Funktion des Staates ist es, die Privatwirtschaft (incl. des Kapitalismus[+]) so zu regulieren, dass die Würde des Einzelnen geschützt bleibt. Sobald die Vermögensbesteuerung als alternativlos erscheint, und in einer solchen Situtaion befinden wir uns, sollte zuerst das Geld besteuert werden, denn das tut am wenigsten weh. Nichts anderes ist aber die Negativzins-Geldpolitik[+] der EZB[+]. Der Negativzins ist eine Steuer auf das Geld, die von den Banken[+] eingezogen und über Kredite mit negativem Zins - und eben nicht über den politischen Prozess ! - also über den Geldmarkt umverteilt werden. Demokratischer geht es eigentlich nicht, denn der Markt entscheidet darüber, wer die Begünstigten sind und eben kein korruptes politisches System. Aufgabe der Politik ist es nun, die aus einer Negativzins-Ökonomie[+] emergierende Marktwirtschaft[+] mit den Nachhaltigkeitszielsetzungen vereinbar zu halten und die Märkte dementsprechend zu regulieren (Eintrag vom 13.12.2019).
Ich empfehle zum grundsätzlichen Verständnis der Entstehung des Staates das Buch „Über den Prozess der Zivilisation“ von Norbert Elias[+].

XY behauptet, dass der Staat selbst durch Umverteilung hin zum am laut Schreiendsten und Machtverteilung an wenige Einzelinteressen (Monopole, Staatsverträge, Lizenzen, Tauschmittelregulierung, Zölle, Subventionen etc.) den meisten Schaden am Funktionieren des Kapitalismus[+] verursachen würde.
Es ist Dir ja wohl nicht entgangen, dass gerade Vermögende Einfluss auf die Politik nehmen. Der Kapitalismus[+] zerstört sich am Ende selbst. Das kannst Du z.B. in Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie[+] von Joseph Schumpeter[+] (1942) nachlesen - oder Du verfolgst einfach das Zeitgeschehen[+].

Genau das sei ja sein Punkt, den ich mit meiner Antwort unterstreichen würde. Er führt weiter aus und sagt, dass die Machtkonzentration des Staates es überhaupt erlauben würde, dass Vermögende Einfluss auf die Politik nehmen. Somit zerstöre der Staat den Kapitalismus[+] bzw. interveniere in seine natürlichen Mechanismen. Wenn einige Personen, die ich Kapitalisten nennen würde, nun den Staatsapparat missbrauchen wollen würden um ihre Eigeninteressen durchzusetzen, dann würde diese nicht die negativen Aspekte des Kapitalismus[+] repräsentieren, sondern die negativen des Staates.
In jeder kapitalistischen Kultur gibt es zwei Machtpole, nämlich das (private) Kapital und sein kollektives Regulativ, den Staat. In dem Maße, in dem sich das Kapital aufgrund des Zinsmechanismus zusammenballt und in und auf sich ökonomische Macht vereint, muss die Durchsetzungsmacht des Staates wachsen[+], wenn der brutale Prozess des Kapitalismus[+] beherrsch- und regulierbar sein soll. Insofern ist der Satz „Die Machtkonzentration des Staates erlaubt es überhaupt erst, dass Vermögende Einfluss auf die Politik nehmen.“ irritierend, denn eigentlich braucht der Staat von Natur aus gerade von den Vermögenden den Abstand, den es zur Erfüllung seiner Funktion benötigt.
Der Staat wacht im Wesentlichen über den Schutz der Grundrechte des Einzelnen und auch über die Einhaltung von Verträgen (pacta sunt servanda[+], § 241 BGB[+]). Wie spätestens durch Marx[+] formuliert, richtet sich der Kapitalismus[+] selbst zugrunde, wenn und solange Verträge eingehalten werden. Insofern „assistiert” der Staat dem Kapitalismus[+] bei seiner Selbstzerstörung, wenn er daraufhin wirkt, dass Verträge einzuhalten sind.
Nun muss man sich fragen, was der Kapitalist denn eigentlich will. Das ist eine zugleich einfache wie sehr schwierige Frage, denn das, was er will, wird er immer weniger bekommen, solange und weil er es will. Am Ende bekommt er das Gegenteil, ob er will oder nicht.
Ich sage: Er will Zinsen (Mietzinsen[+], Pachtzinsen[+], den Reingewinn aus dem Verkauf von Verfügungsrechten an Sachen im Allgemeinen) haben, doch die Erkenntnisse Marxens[+] und Schumpeters[+] bedeuten eben, dass der Kapitalist dann eben am Ende in Kauf nehmen muss, dass die Zinsen negativ werden, so wie es das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate[+] suggeriert. Der Kapitalist will das natürlich nicht, sondern er will das Gegenteil. Doch sein Begehren zwingt ihn eben dazu, dass er sich bekehren muss, der Erbsünder.





Langjähriger Trend der Zinsen auf 10-jährige Staasanleihen Staatsanleihen[+] für Australien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Japan, Schweiz, Vereinigtes Königreich und die USA. Bilder von tradingeconomics.com.

Nein, sagt XY, der Kapitalismus[+] funktioniere auch ohne Staat, daher sei dieser Machtpol [der Staat] austauschbar oder ganz wegzulassen. Wenn es jedoch einen Staat gebe [ich denke, dass er hier einen Nachtwächterstaat[+] meint], in welchem der Kapitalismus[+] von den Bürgern gelebt werde, dann komme es auf den Grad der Machtzentralisierung des Staates an, inwieweit er dazu genutzt werden könne den Kapitalismus[+] zu pervertieren.
Der Staat ist zunächst als Verwaltungsstruktur des Kapitals des lokalen Monopols entstanden, z.B. Norbert Elias[+] Über den Prozess der Zivilisation, 1939. Das erkennt man z.B. auch an der Etymologie des Wortes 'Zins', das auch 'Steuer' bedeutet. Ich nenne den Zins daher auch die „Steuer des Königs”. Sie ist zu entrichten für den Besitz[+] und die Nutzung königlichen Eigentums. Eine seiner mittelalterlichen Formen heißt Zehnt.
Erst durch die Revolutionen der Aufklärung wurden Kapital und Kapitalismus[+] einerseits und Staat andererseits voneinander getrennt. Seitdem erhebt der Staat nur Steuern auf Vermögensänderungen, nicht jedoch auf Vermögen selbst, weil das im logischen Widerspruch zum Kapitalismus[+] stünde.
Heute würde ich den Zins als die 'Steuer des Kapitals' oder 'Steuer auf die Innovation' bezeichnen, also als eine (private) Steuer, die das Kapital gegenüber seinen Besitzern[+] und Nutzern erhebt, und den Negativzins umgekehrt entsprechend als eine 'Steuer auf Geldkapital'. Der Kapitalismus[+] kann in keinem Fall ohne Staat existieren, denn jede wachsende[+] Macht braucht ein Regulativ.

Er fragt, was dieser "brutale" Prozess des Kapitalismus[+] denn sei, gegen den ein Machtpol vorzugehen hat.
Kapitalismus[+] nennen wir die modernste Form des Zinsnehmens. Es ist der für das Wesen des Zivilisationsprozess zentrale, über 6.000 Jahre alte, ökonomische Mechanismus, der unreguliert die Unterwerfung breiter Bevölketrungsschichten, in die Sklaverei und in den Feudalismus führt.

Dann fragt XY, wie sich ein solch spezieller Staat [mutmaßlich der Nachtwächterstaat[+]] sich von einer freien Marktwirtschaft[+] innerhalb eines Rechtsraums[+] basierend auf dem Schutz des persönlichen Eigentums, der Nichtinitiierung von Gewalt und Pflicht[+] zur Vertragstreue abhebe.
Der Kapitalismus[+] ist der Teil der Marktwirtschaft[+], bei dem eine spezielle Art von Gut gehandelt wird, nämlich die Verfügungsrechte an fremdem Kapital (siehe Unterscheidung von Marktwirtschaft und Zentralverwaltungswirtschaft).

Schließlich fragt XY mutmaßlich sinngemäß, ob nur der positive Zins, der wiederum Teil eines frei geschlossenen Vertrags ist, dasjenige Element sei, das den politischen Prozess davon abhalten würde den jetzigen Staat vom Ideal des Nachtwächterstaates[+] trennen
Zunächst gehe ich auf seine Idee des frei geschlossenen Vertrages ein, da es sich auch für mich um etwas Zentrales handelt.

'Kapitalismus[+]' ist der Name für die modernste Form des Zinsmechanismus'. Wie ich oben hier ausgeführt habe, werden Verträge in einer kapitalistischen Marktwirtschaft[+] eben nicht beidseitig frei geschlossen, sondern nur einseitig. Auch hierbei kann ich mich auch auf Schumpeter[+] berufen, kann das aber, wie oben getan, auch selbst direkt in trivialen Begriffen der Privatautonomie[+] und des Schuldrechts begründen: Jede Schuld ist eine Einschränkung der Privatautonomie[+] des Schuldners, also auch jede Zinsschuld.

Erst im Nachhinein begreife ich, dass mir mein Gesprächspartner eine Steilvorlage für die Ausbreitung meiner zentralen These bietet, dass der Kommunismus[+] eine reine Marktwirtschaft[+] ist (Beitrag vom 15.11.2019), in dem der Staat auf das neoliberale[+] Ideal des Nachtwächterstaates reduziert sein kann. Diese Möglichkeit[+] ergibt sich schon aus dem zuvor Ausgeführten daraus, dass der Staat primär ein Regulativ für den Kapitalismus[+], also das Zinsnehmen, ist und unter einer Negativzins-Ökonomie[+], also einem antikapitalistischen Finanzierungsmechanismus, dann logischerweise auf Funktionen beschränkt werden kann, die im Kapitalismus[+] abseits der sozialen Schutzfunktion stehen. Unter einer Negativzins-Ökonomie[+] ist das Geldsystem sozial, so dass der Staat seine soziale Schutzfunktion nicht mehr in dem Maße erfüllen muss, wie es im Kapitalismus[+] notwendig ist.

Um wieder an das eigentliche Gesprächsthema, nämlich die Frage, wie sich die Selbstständigenquote unter einer Negativzins-Ökonomie[+] entwickeln wird, anzuschließen, verweise ich auf meinen Beitrag vom 13.12.2019.

Zur Geschichte der Unabhängigkeit von Zentralbanken[+].

Wo bleibt die Inflation? Ein Podcast von einem Mitglied der europäischen Zentralbank über die Kaufkraftentwicklung von feststehenden Einkommen und Geldbeträgen.

Vorab: Es wird behauptet, dass Wirtschaftswissenschaftler rätseln würden, warum die Inflation[+] so niedrig ist. Es kann schon sein, dass über die Ursachen[+] gestritten wird und das dann als „Rätsel” bezeichnet wird, mit dem sich unsere Ökonomenkaste beschäftigt. Es liegt doch aber eigentlich ganz klar auf der Hand, was los ist.

Die Theorie der normalen Marktmechanik besagt, dass Preise steigen (Inflation[+]), wenn die Nachfrage steigt oder wenn das Angebot verknappt wird. Eine negative Inflation[+] (Deflation) bekommt man entsprechend, wenn die Nachfrage sinkt oder wenn das Angebot steigt.

Die Ursache[+] für die derzeitige Deflation ist zweifältig: Zum einen hat der Kapitalismus[+] einkommens- und vermögensstrukturell (u.a. durch die steigenden Mieten) eine Situation erzeugt, in der sich breite Bevölkerungsschichten bestimmte Güter nicht mehr leisten können oder wollen (z.B. Trend zum Tiny House statt konventionelles Haus) und zum anderen kaufen die Leute weniger, weil sie Angst[+] haben sich mit Corona[+] anzustecken.

Beides bewirkt ein Sinken der Nachfrage, und daher haben wir eine deflationäre Tendenz, die als geldpolitische[+] Reaktion nur eine logische Möglichkeit[+] offen lässt: Das Horten von Geld muss erschwert werden, damit die Leute es ausgeben, und deswegen müssen die Zinsen weiter absinken.

Ist die Corona Pandemie eine vorsätzlich herbeigeführte Störung, die zum Anlass genommen wird eine autoritäre Ordnung zu errichten?

Das Coronavirus[+] taucht sicherlich zu einem verdächtig ungünstigen Zeitpunkt[+] auf, nämlich in der Krise der Volkswirtschaften der am weitesten entwickelten Länder. Es wiederholt sich scheinbar das Muster der spanischen Grippe vor 100 Jahren. Doch kann man daraus schließen, dass der Ausbruch des Corona[+]-Virus inszeniert ist?

Ich sage: die Krise ist logische Folge des Kapitalismus[+] und stütze mich dabei (u.a.) auf Joseph Schumpeters Theorie von der Selbstzerstörung des Kapitalismus in Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie[+].

Wir kennen es doch auch von uns, dass wir, wenn wir nach langer Arbeit[+] erschöpft sind und uns entspannen müssen oder können, anfällig sind für Krankheiten. Mit der "Erschöpfung" meine ich hier den Zustand der Volkswirtschaften vor der Corona[+]-Epidemie. Die Entstehung dieses Zustandes ist im Kapitalismus[+] selbst angelegt, wie schon Marx[+] sagte und Schumpeter[+] letztendlich ausformuliert hat. Der Kapitalismus[+] steuert direkt immer in seine Krise und Selbstzerstörung. Corona[+] gibt dem Kapitalismus[+] einfach nur den Rest, so wie uns Menschen eine Infektion befällt, wenn wir uns nach langer Arbeit[+] entspannen können. Autoritär im in der Überschrift gemeinten Sinn ist allein die Evidenz, dass der Kapitalismus[+] in den USA, Kanada, Europa, Israel, Australien Japan nicht weiter existieren kann.

Ende der Bezahlwand

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Tim Deutschmann

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