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22. November 2021

Eine kurze Diskussion über die Dynamik der Vermögensverteilung im Kapitalismus mit Ruben Altmann

2020 habe ich auf meinem YouTube-Kanal ein kurzes Video über die Dynamik der Vermögensverteilung bei positivem und negativem Zins veröffentlicht. Im Wesentlichen habe ich dabei einen älteren Artikel über eine vereinfachte Monopoly-Simulation zur Veranschaulichung der Wirkung von Zinsen in bewegtem Bild dargestellt, weil die Leute zu faul zum Lesen sind.

Diskussion einer einfachen Simulation zur Veranschaulichung der Dynamik der Vermögensverteilung infolge positiver und negativer Zinsen.

Ich begegne einem interessanten Kommentar von Ruben Altmann, Heimseite: leaninvestor.de, der einige Ideen und Vorstellungen aufgreift, mit denen auch ich mich beschäftige. Eine ist die Analogie[+] zwischen dem Zinsmechanismus und der Gravitation[+], der zufolge man die Zinsen als eine Art künstliche Gravitationskraft[+] auffassen kann, die Kapital (alle möglichen Arten zinstragenden Eigentums[+]) Geld anziehen lässt, also Sparguthaben, Miet- und Pachtsachen, lizenzierbare Informationen, Wissen und Rechte[+].

Beginn der Bezahlwand
Hallo Tim,

ich finde deine Simulation der Negativzinsen sehr interessant.

Was ich aber nicht glaube ist, dass die Ungleichheit so stark abgebaut wird wie du in diesem Modell[+] darstellst. Denn Ungleichheit ist tief im Universum verankert. z.B. steckt 92% der Masse in 20% der Planeten.

Bezogen auf unser Leben, auch bei negativem Zins gilt dieses Pareto[+]-Prinzip (meiner Meinung nach). Zum Beispiel gibt es Millionen von Musiktitel, aber nur eine kleine Masse davon wird gehört und diese kleine Anzahl der Interpreten verdient den großen Anteil an der Musik (z.B. Michael Jackson, Kanye West etc.) Das gleiche gilt für Autoren von Büchern, Youtuber und deren Youtube-Abonnenten etc.

Du kannst die Leute ja nicht dazu zwingen, dass sie kleinere Youtube-Kanäle im gleichen Maße schauen wie große Kanäle oder dass Leute Bücher von unbekannten Autoren lesen anstatt Bücher von Stephen King oder Joanne K. Rowling.

Selbst wenn diese Leute von ihrem Vermögen Zinsen abdrücken wird das nicht zu einer Angleichung führen.

Den Irrglauben dass Negative Zinsen für die "kleinen Leute" etwas negatives sind und Politiker das nicht verstehen, wie du in einem andern Video schon dargelegt hast, das finde ich unfassbar. Das Video indem du das mit Sarah Wagenknecht "entlarvst" finde ich stark und es ist sehr bedenklich, dass niemand dieses System versteht. Deswegen weiter so!

Ich sehe das so, dass durch Negative Zinsen der Staat weniger Zinsen an Banken[+]/Investoren abdrücken muss und somit seine Bürger weniger durch Steuern belastet werden müssen bzw. mehr Geld für diejenigen zur Verfügung steht, die es brauchen.Ist das korrekt?

Vielen Dank für deine Videos und Beste Grüße

Ruben

Herzlichen Dank für diesen Kommentar. Ich kommentiere Deine Antwort im Detail.

1. Zitat „Was ich aber nicht glaube ist, dass die Ungleichheit so stark abgebaut wird wie du in diesem Modell[+] darstellst.“

Da gebe ich Dir vollkommen recht. Das Arbeitseinkommen[+] von Menschen und ihre Ausgaben werden darüber bestimmen, wie hoch ihr Vermögen sein wird. Die Höhe des Einkommens hängt vom Wert seiner Arbeit[+] ab und orientiert sich daran, wie viel Menschen für eine bestimmte Arbeit[+] und Dienstleistung, die auch in einer Ware enthalten sein kann, zu geben bereit sind. Wären die Ausgaben bei allen Menschen gleich groß, dann würden sich die Vermögen so verteilen wie die Einkommen, denn im Gleichgewicht einer Negativzins-Ökonomie[+] ist das Sättigungsvermögen proportional zum Jahresüberschuss (NETTO Jahresgewinn nach Steuern), mathematische Details hier.

Es wird also in dem Maße Ungleichheit geben, in dem die Bewertungen von Arbeit[+] unterschiedlich sind, und das ist in einer Marktwirtschaft[+], in der tatsächlich frei über Preise verhandelt werden kann, das Ergebnis eines sowohl individuellen als auch kollektiven Aushandlungsprozesses.

2. Zitat: „Denn Ungleichheit ist tief im Universum verankert. z.B. steckt 92% der Masse in 20% der Planeten.“

Du nimmst hier eine Analogieübertragung[+] vor, der ich nicht folgen kann. Insbesondere kann man zwar durchaus die Schwerkraft analog zur Akkumulationswirkung[+] der Zinsen betrachten in dem Sinne, dass Geld durch den Zins Geld anzieht, dass das Kapital also aufgrund der Zinsen „zusammenklumpt”, Sonnen, Super Novae, Schwarze Löcher oder Akkretionsscheiben und Planeten bildet, doch ist der perverse Mechanismus nicht allein deswegen "natürlich", weil er ein natürliches Analogon hat. Die Zahlen, die Du da angibst, 20 und 92 kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich nehme an, dass Du da eine Quelle hast.

3. Zitat „Bezogen auf unser Leben, auch bei negativem Zins gilt dieses Pareto[+]-Prinzip (meiner Meinung nach). Zum Beispiel gibt es Millionen von Musiktitel, aber nur eine kleine Masse davon wird gehört und diese kleine Anzahl der Interpreten verdient den großen Anteil an der Musik (z.B. Michael Jackson, Kanye West etc.). Das Gleiche gilt für Autoren von Büchern, YouTuber und deren YouTube-Abonnenten etc.
Du kannst die Leute ja nicht dazu zwingen, dass sie kleinere YouTube-Kanäle im gleichen Maße schauen wie große Kanäle oder dass Leute Bücher von unbekannten Autoren lesen anstatt Bücher von Stephen King oder Joanne K. Rowling.“

Ich habe es bisher versäumt (Schande!), die Arbeiten[+] von Pareto[+] tiefergehend zu studieren. Was ich jedenfalls sagen kann, dass die Modelle[+] der Volkswirte teilweise von ungerechtfertigten Annahmen ausgehen, z.B. Markttransparenz[+] und vollständiger Wettbewerb. Die Märkte sind im Kapitalismus[+] eben nicht transparent und es gibt monopolistische Konkurrenz[+], sodass insbesondere die Verteilung von Einkommen und Vermögen (hier im Speziellen Einkommen aus Künstlertätigkeit) nicht die tatsächliche Leistung der Künstler widerspiegelt, sondern nur die Marktmacht ihrer Verleger, Agenturen und Publizisten, die sich, wie alle etablierten Strukturen, mithilfe der Zinsen auf in der Vergangenheit akkumulierte[+] Vermögen über Wasser halten können, insbesondere wenn die Zinsen hoch sind.

Hätten wir vollständige Konkurrenz[+] und mehr Transparenz, dann gäbe es nicht diese Monokultur, sondern ein diverseres Artenspektrum. Negative Zinsen ermöglichen zumindest vollständige Konkurrenz[+]. Das Internet sorgt für Markttransparenz[+]. Jetzt müssen wir also dafür sorgen, dass die Oligopole der digitalen sozialen Medien alle Marktteilnehmer zulassen, sodass es Wettbewerb geben kann.

4. Zitat „Selbst wenn diese Leute von ihrem Vermögen Zinsen abdrücken, wird das nicht zu einer Angleichung führen.“

Da stimme ich zu, aber die Entwicklungstendenz zeigt in Richtung der Angleichung. Wie ich zuvor sagte, wird die Einkommensverteilung im Pareto[+]-optimalen Zustand die Bewertungen der Konsumenten widerspiegeln und nicht mehr die Marktmacht der Publizisten, die über Exklusiv-, Knechtungs-, Ausschluss- und Knebelverträge unliebsame Konkurrenz flach halten.

5. Zitat „Den Irrglauben, dass negative Zinsen für die "kleinen Leute" etwas Negatives sind und Politiker das nicht verstehen, wie du in einem andern Video schon dargelegt hast, das finde ich unfassbar.“

Ich verstehe nicht richtig, was Du sagen willst. Ich finde es unfassbar, dass sich die Geisteskrankheit 'Kapitalismus[+]' so lange halten konnte, obwohl wir vor dem Hintergrund der Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und deren Ähnlichkeiten mit der gegenwärtigen Expansionsdynamik kapitalistischer Volkswirtschaften, z.B. Russland[+] und China: Krim, Donbas und Taiwan "Heim ins Reich", kapiert haben sollten, dass der Vater aller Geisteskrankheiten, das Zinsnehmen bei positivem Zins, die Geisteskrankheit ökonomischer Größenwahn hervorbringt. Es ist doch genau derselbe Größenwahn, der Russland[+] und China die territoriale Integrität ihrer Nachbarstaaten verletzen lässt, die unsere Geldeliten dazu antreibt, die Negativzinsen in den am weitesten entwickelten Volkswirtschaften zu verhindern.

Und ja, ich warte darauf, dass sich Frau Dr. Sahra Wagenknecht endlich bekehrt, siehe Prominente Maulwürfe in der Linkspartei! Was könnte diese Frau mit ihrer Reichweite alles erreichen? So dient sie nur dem Mammon.

6. Zitat „Ich sehe das so, dass durch negative Zinsen der Staat weniger Zinsen an Banken[+]/Investoren abdrücken muss und somit seine Bürger weniger durch Steuern belastet werden müssen bzw. mehr Geld für diejenigen zur Verfügung steht, die es brauchen. Ist das korrekt?“

Es gibt drei Gruppen Schuldner im Währungsraum:

Privater Sektor:
1. private Haushalte, Konsumenten und Verbraucher
2. Unternehmen, Firmen, Betriebe, Produzenten der Wirtschaft

Öffentlicher Sektor:
3. öffentliche Haushalte des Staates

Wenn ich von negativen Zinsen spreche, dann meine mich damit nicht nur negative Guthabenzinsen, sondern auch und gerade negative Schuld-/Kreditzinsen! Speziell bedeuten negative Staatsanleihenzinsen[+] (3.) nicht, dass der Staat weniger Zinsen für geborgtes Geld zahlt, sondern dass er Zinsen für das Borgen erhält. Das Selbe gilt im Prinzip für die anderen beiden Gruppen 1 und 2, doch haben wir noch keine negativen Schuldzinsen im privaten Sektor (1. und 2.), weil sich die Geschäftsbanken[+] weigern, solche Negativzinskredite herauszugeben.

Wir haben also immer noch keine Negativzins-Ökonomie[+], sondern eine höchst problematische Situation, die gerade auf Kosten der nachfolgenden Generation durch Aufnahme immer neuer Schulden in die Länge gezogen wird. Wenn ich nach den Verursachern der Situation such, dann nenne ich da alle Menschen und Gruppen, die sich gegen negative Guthaben- und Schuldzinsen engagieren, also sog. „Verbraucherschützer”, Geschäftsbanken[+] und andere Vertreter der Ideologie positiver Zinsen und orthodoxer[+] Volkswirte, Politiker und Juristen und alle Eigentümer[+] etablierter ökonomisch relevanter Strukturen.

Die Steuersätze können erst dann sinken, wenn das Steueraufkommen steigt. Das Steueraufkommen steigt bei intakter Schuldenbremse[+] c.p.[+] erst dann, wenn es negative Schuldzinsen gibt!

Fazit

Mit Negativzinsen auf Guthaben und bei Krediten oder einer anderen Form der Vermögensbesteuerung geht die Tendenz (!) in Richtung Gleichheit der Vermögen. Die Gleichgewichtsvermögen hängen jedoch vom Wert der Arbeitskraft[+] ab, die dem Einkommen des Vermögenden zugrunde liegt und die ist in einer Marktwirtschaft[+] das Ergebnis eines privat-gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses, sodass die Vermögen im Gleichgewicht verteilt sein werden wie die Bewertungen von Arbeit[+]. In einer Zentralverwaltungswirtschaft[+] (Sozialismus[+]) würde hingegen die Höhe der Einkommen zentral festgelegt und der individuell-bilateral-marktwirtschaftliche[+] Aushandlungsprozess über den Wert der Arbeit[+] übergangen.

Ende der Bezahlwand
Ruben Altmann von leaninvestor.de.

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Tim Deutschmann

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